Schuldendynamik war lange vorhersehbar

F. Malik am Dienstag, 26.07.2011 um 21:25 Uhr
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Schuldendynamik war lange vorhersehbar

Wenn heute – spätberufen – der IMF und weltweit viele andere Experten die Schuldendynamik entdecken und beklagen, so ist es umso wichtiger zu wissen, dass bereits in den 1980ern diese Entwicklung gesehen werden konnte und gesehen wurde. Lehrreiche Zeugnisse dazu sind die rund 10 Bücher von Paul C. Martin, sowie die Werke von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger.
2004 haben diese drei herausragenden Ökonomen je einen brillanten Artikel für meine Festschrift „Richtiges und gutes Management: Vom System zu Praxis“ geschrieben. Sie heute zu lesen kommt für die meisten einer ökonomischen Offenbarung gleich.

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15 Kommentare

  1. Thomas Marschik

    Reduziert betrachtet: Jeder der das Prinzip eines „Kettenbriefes“ kennt, kann und KONNTE ein klares Szenario ableiten. Nur glauben wollte es leider nur wenige. Umso erstaunlicher das der IMF und Kollegen erst heute diese Dynamik entdecken.

    • Fredmund Malik

      Genau. Jetzt kann man überlegen, warum das so ist. Eine der Möglichkeiten ist angelsächsische Ausbildung, eine andere Naivität, wie der Glaube „Diesmal ist alles ganz anders“, eine weitere die Illusion der unlimitierten Machbarkeit bzw. Beherrschbarkeit von Systemen, und noch eine ist Mangel an Geschichtskenntnissen. Meistens spielen mehrere zusammen. Aber es gibt auch noch weitere.

  2. Stefan Ludwig

    OK. Die Vergangenheit läßt sich nicht mehr ändern. Ich frage mich jetzt:
    was ist MEIN Beitrag, ausgehend von der heute und in Zukunft erst mal schlimmen Situation für eine Besserung zu sorgen?

    Hier kann ich es mir nicht verkneifen sowohl sinnvolle als auch provokante Vorschläge zu schreiben:

    Ecopolicy an meiner und allen umliegenden Schulen bekannt machen und für seine Anwendung werben?

    Spenden sammeln damit sich meine Stadtverwaltung eine Syntegration leisten kann?

    Ihr neuestes Buch kaufen und möglichst oft verschenken?

    Ich bin gerade dabei es zu lesen. Bis jetzt leuchtet mir ihre Argumentation ein.
    Das ist mir aber nicht genug. Ich möchte selbst unterstützend aktiv werden weiß aber nicht wie.
    Dazu wünsche ich mit ganz konkrete Hinweise von Herrn Malik

    • Fredmund Malik

      Sie können sich auch bei uns bewerben. Schicken Sie Ihre Unterlagen per Mail an unsere Frau Rita Herzog. Adresse etc. finden Sie auf der Homepage

  3. Guido Stadler

    Sehr geehrter Herr Dr. Malik
    Sie erwähnen Paul C. Martin. Interessanterweise ist mir während der Sommerferien per Zufall das Buch ‚Wann kommt der nächste Staatsbankrott‘ in die Hände gefallen. Dieses Buch wurde in den 1980er Jahren publiziert. Darin beschreibt Paul C. Martin, warum jeder Staat Bankrott gehen muss. So prognostizierte er den Staatsbankrott der USA im Jahre 2030…. Er sieht jedoch den Bankrott nicht als Folge einer Deflation, sondern einer Hyperinflation, die in einer Währungsreform mündet.
    Beste Grüsse
    GS

    • Fredmund Malik

      Dieses Buch von PCM ist ein Anfang. Es lohnt sich, auch seine späteren Schriften zu lesen, z. B. „Aufwärts ohne Ende“, die umfassender sind. Am Schluss einer Deflation bzw. als ein Ausweg aus der Schuldenfalle steht die Option einer Währungsreform, die gewissermassen eine Millisekunden-Hyperinflation ist.

  4. Heinrich Seemann

    Sehr geehrter Dr. Malik,

    das Problem, welches PCM letztlich beschreibt, ist ein demokratisches: Politiker sind oder glauben sich gezwungen, permanent mit allerlei Wohltaten Wählerstimmen zu kaufen.

    Der Schuldenberg, den die BRD heute hat, besteht deshalb teilweise z.B. noch aus den Mitteln, mit denen einst ein Willy Brandt Kanzler wurde. – Das war jetzt böse, man könnte auch bei Adenauer anfangen. Der letzte Finanzminister der Schulden zurückzahlte und nicht nur revolvierte, was meines Wissens nach Strauß 1965.

    Keynes Theorie war dabei natürlich wohlfeil, so war dem politisch verantwortungslosen Handeln gleich der Anschein von wissenschaftlicher Untermauerung gegeben. Eine Schuldenrückführung in Zeiten der Konjunktur, wie von Keynes ebenso postuliert, wurde selbstverständlich immer „vergessen“. Die Bedienbarkeit der Schulden, so glaubte man, würde durch Inflation und Wachstum immer möglich sein.

    Aber wie kommt man nun da raus ? Für den aktuellen „Durchlauf“ gibt es keine Hoffnung mehr in der BRD und anderswo. Neu ist diesmal die Pluratität der Megaverschuldungen im (fast) ganzen Westen einschließlich Japan. Die Frage nach dem „wann“ ist dabei schlicht nicht beanwortbar. Wie die aktuellen Ereignisse zeigen, steht die Politik den Ereignissen vor allem rat- und mutlos gegenüber. So treiben die Dinge halt auf einen sicheren Ausgang zu, wobei ein jeder der Beteiligten hofft, nicht selbst als Auslöser für größere Ereignisse in die Geschichte einzugehen.

    Bei aller Ratlosigkeit der Politik, sollte man sich aber keine Hoffnungen hinsichtlich der Entschlossenheit der Politik machen, einen Staatsbankrott so lange wie irgend möglich hinauszuzögern, denn dieser wäre gleichgedeutend mit einer kompletten „Abwahl“ des derzeitigen Parlamentes und womöglich vorrevolutionären Zuständen.
    Für den Einzelnen droht Gefahr deshalb vor allem von einer zunehmend konfiskatorischen Politik, siehe die Forderung der Grünen nach einer Vermögensabgabe, die mit Sicherheit demnächst Konjunktur bekommen wird. Für die Politik geht es darum, einer möglichst kleinen, am besten lobbylosen Gruppe etwas wegzunehmen (Verlust von Wählerstimmen), um einer großen Gruppe keine Härten zumuten zu müssen (Erhalt von Wählerstimmen). Ich vergleiche es immer mit einem großen Mehrfamilienhaus: Eine Wählerstimme (Eigentümer) steht zwanzig Wählerstimmen (Mieter) gegenüber. Die Gesetzgebung und Rechtsprechung trägt am Beispiel diesem Ungleichgewicht auch schon seit langem Rechnung, Arbeitsrecht, alte Menschen und anderes liesse sich hinzufügen.

    Für die Zukunft müsste ein Prinzip der Verantwortlichkeit in der Politik eingeführt werden. Etwa so wie im Aktiengesetz: Entlastung bzw. persönliche Haftung. Dann könnten von mir aus auch die Diäten alle mit einer Zusatznull versehen werden. Das wäre Kleinkram gegenüber den Schäden, die Füllhornpolitik anrichten kann, wie man nun sehr schön sieht. Außerdem würde solche Anreize einen Wettkampf der Besten um ein Mandat entfachen.

    Freut mich ja schon, dass „Crash-Paule“ Dr. Martin zu Lebzeiten noch zu Ehren kommt.

    • Fredmund Malik

      Richtig, es ist auch ein demokratisches Problem. PCM hat ja selbst an vielen Stellen gezeigt, dass der Staat das Problem und nicht die Lösung ist, für die er aber gehalten wird.
      Aber ich will noch eine Dimension höher gehen: Es ist vor allem auch eine Frage des Funktionierens von komplexen, vernetzten Systemen. Die herkömmlichen Denkweisen und Methoden genügen nicht mehr. Die Organisationsstrukturen drehen immer häufiger leer, wie bei Querschnittslähmung will der Kopf zwar etwas, aber die Körpersysteme versagen, weil die Nervensysteme nicht funktionieren. Dafür haben wir Lösungen entwickelt. Noch was: Obwohl Sie „Crash-Paule“ in Anführungszeichen setzten, würde ich diesen Ausdruck nicht verwenden, denn PCM hat dafür ein zu wichtiges Werk geschaffen.

      • Heinrich Seemann

        „Crash-Paule“ wurde irgendwann in den Achtzigern zu seinem Spitznamen unter all jenen, die nicht müde wurden seine Theorien ins Lächerliche zu ziehen. Diese Namenswahl war deshalb von mir in keiner Weise despektierlich gemeint und ich verstehe sie, zumal aus heutiger Sicht, eher als eine Nobilisierung angesichts der seinerzeit erlittenen Schmähungen.

        Ich kenne alle seine veröffentlichten Werke und haben großen Respekt vor seiner wissenschaftlichen Leistung, schließlich habe auch ich sehr viel von ihm gelernt. Der Debitismus wird irgendwann seinen Weg in die Lehrbücher finden.

        • Fredmund Malik

          Herr Seemann, Ihre Antwort freut mich, Ihre Anführungszeichen habe ich also richtig gedeutet. Bitte beachten Sie auch den Beitrag von Herrn Jürgen Küssner zu Dr. Martin hier im Blog und meine Antwort darauf.

  5. Jürgen Küßner

    Sehr geehrter Herr Professor Malik,
    durch einen Beitrag in meinem Forum bin ich auf Ihren Hinweis zu den Büchern von Dr. Paul C. Martin, der auch bis heute noch im Gelben Forum schreibt, gestoßen. Sie selber haben auch mal dort (bzw. im Vorgänger-Forum) einige Beiträge geschrieben – Sie erinnern sich bestimmt.
    Zu Dr. Martin (mit dem ich übrigens heute kurz telefoniert habe) möchte ich anmerken, dass er meiner Meinung nach den Nobelpreis verdient hätte, und Sie sind einer der Wenigen, die sein Werk immer wieder lobend erwähnen. Es tut mir in der Seele weh zu sehen, dass der Debitismus bis heute keinen Durchbruch erlebt hat. Mir persönlich haben die Bücher von Dr. Martin jedenfalls die Augen geöffnet und mein bisheriges wirtschaftliches Weltbild auf den Kopf gestellt. Mit herzlichem Gruß, Jürgen Küßner

    • Fredmund Malik

      Lieber Herr Küssner, danke für Ihren wichtigen Beitrag, der mich sehr freut. Ich sehe Dr. Martin wie Sie, und Ihrem Nobelpreis-Vorschlag für ihn schliesse ich mich gerne an. Als weitere Kandidaten würde ich auch Gunnar Heinsohn und posthum Otto Steiger nennen. Die Zeit des Debitismus steht noch bevor, ich bin zuversichtlich, denn es gibt dazu keine mir bekannte Alternative mit ähnlicher Erklärungskraft. Tragisch ist es, dass es diese Verschuldungs-Krise braucht, um den ökonomischen Mainstream-Unsinnn als solchen zu entlarven. Umso wichtiger ist es, gerade jetzt das Werk von Dr. Martin im Bewusstsein zu halten oder es in dieses zu bringen. Er hat, zusammen mit Heinsohn und Steiger, auch mein Verständnis von Wirtschaften stark und nachhaltig beeinflusst.
      Und ja, ich erinnere mich sehr gut an unsere damalige Korrespondenz. Ich freue mich sehr über Ihre hohe Meinung zu Dr. Martin. Herzlich, Ihr Fredmund Malik

      • Andreas Mosler

        Sehr geehrter Herr Dr. Malik,

        die Ausführungen zur Schuldendynamik sind sicher richtig und fundiert.
        Ich finde es allerdings erstaunlich, dass in Ihrem Blog so getan wird, als ob die Konstruktionsfehler unseres Geldsystems nur von wenigen erkannt wurde und nur Autoren wie Paul C. Martin, Heinsohn und Steiger genannt werden.
        Schon lange vor diesen Autoren hat beispielsweise Silvio Gesell in den Jahren 1906 – 1916 auf genau diese Mängel hingewiesen. Seine Schlussfolgerungen, bspw. zur Umlaufsicherung, sind meines Erachtens nicht richtig. Seine Analysen sind allerdings vollumfänglich zutreffend und wie gesagt schon rund 70 Jahre vor den o.g. Autoren veröffentlich worden.
        Von Prof. Dr. Bernd Senf und Helmut Creutz gibt seit den achtziger Jahren ebenfalls sehr lesenswerte Literatur zu diesem Thema. Paul C. Martin haftet in seinen Werken leider eine zum Teil unerträgliche Arroganz und zur Schau getragene Allwissenheit an. Es hätte ihm sicher gut getan, wenn er in seinen Werken nicht so tun würde als sei er der einzige der die unseren Geldsystemen innewohnende positive Rückkopplung und damit einhergenden vorgprogrammierten Krisentendenzen erkannt hat. Seine Ausführung zur Zinsdynamik sind uraltes Gedankengut, zwar richtig analysiert, aber natürlich alles andere als neu !
        Seine Präferenzen für ein goldgedecktes Währungssystem sind allerdings blanker Unsinn. Eine Rückkehr zum Goldstandard würde nicht ein einziges Problem lösen, sondern im Gegenteil zukünftige Deflationen vorprogrammieren.

        Bezüglich Gesell hat auch schon Keynes geschrieben:

        „Ich glaube, daß die Zukunft mehr vom Geiste Gesells als von jenem von Marx lernen wird.“

        Quelle:
        http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/keynes/jmk.htm

        Mit freundlichen Grüßen
        Andreas Mosler

        • Fredmund Malik

          Danke für Ihre Hinweise auf Autoren, deren Werke mir recht gut bekannt sind, und die ihre grossen Verdienste haben. Der Zweck meines Blogs ist es aber nicht, eine Diskussion über geschichtliche Lehrmeinungen zu führen, so wertvoll eine solche gerade heute auch ist. Ihren Eindruck von Arroganz und Allwissenheitsanspruch bei Paul C. Martin mögen die Blog-Leser und Kenner seiner Bücher selbst bewerten. Mir persönlich sind bei Büchern immer die Sachinhalte wichtig.

      • Jürgen Küßner

        Lieber Herr Professor Malik, Sie haben natürlich recht, die Professoren Heinsohn und Steiger (in meinem Forum gerne als „H/S“ abgekürzt) sind natürlich in punkto Nobelpreis genauso zu erwähnen, denn diese beiden haben sicherlich die Vorarbeit zum Debistismus geleistet. Mit bestem Gruß, Ihr Jürgen Küßner