Wieso Euro in Gefahr, nur weil man Schulden nicht bezahlt?

F. Malik am Mittwoch, 20.07.2011 um 18:04 Uhr
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Wieso Euro in Gefahr, nur weil man Schulden nicht bezahlt?

Berlin-Gipfel zur Rettung Europas, begrüssenswert. Schade, dass man dafür uralte Methoden, nämlich Sitzungen, anwendet. Ganze drei Pläne, bravo. Echte Lösungen bringt keiner. Aber vielleicht Aufschub, falls nicht sonst noch was passiert. Nur, was hat der Euro als Währung mit all dem zu tun? Wieso soll eine Währung gefährdet sein, nur weil die Schulden nicht bezahlt werden?

 

Eine Währung ist so lange gut, als sie als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Dies wird fraglich, wenn sie Kaufkraft verliert. Bisher ist die Kaufkraft des Euro aber stabil. Man kann mit einem Euro genau gleich viel kaufen, wie vor der Griechenland-Krise. Zwar sinkt der Euro gegen den Dollar. Für die EU-Wirtschaft ist das erfreulich. Im Binnenmarkt hingegen sind die Preise weitgehend stabil und eher sinkend als steigend, und daher wird der Euro in diesem Masse wertvoller.

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9 Kommentare

  1. U.Ju

    Das scheint wohl Zeitgeist zu sein, diese unsinnigen Verknüpfungen von Fakten, die nichts miteinander zu tun haben. Ich sehe das auch bei anderen Themen. Bei der Energiewende inkl. Atomausstieg wird ähnlich befremdlich argumentiert. Und die Presse geht da fein mit. Die Bürger sind verwirrt. Ich empfehle hierzu den Bürgerdialog zur Energiepolitik des BMBF zu lesen. Gruselig aber ausschlussreich.

  2. B. Birkenfeldt

    „Zwar sinkt der Euro gegen den Dollar“?: Wenn ich einem 5 jährigen Kind den Chart des EUR/USD seit 2000 zeige, wird es mir sagen, dass die Kurve steigt, und nicht fällt.
    EUR/USD am 2.1.2001: 0,9509
    EUR/USD am 31.12.2010: 1,3383
    EUR/USD am 21.7.2011: 1,4377 (20.40 Uhr)

    • Fredmund Malik

      Sie haben Recht für die Vergangenheit, und mit meiner Prognose bin ich zu früh. Vielleicht liege ich auch falsch, das wird sich den kommenden Monaten zeigen. Nun habe ich diese Aussage aber hier in Zusammenhang mit der allgemein verbreiteten Sorge um den Euro als Währung in Zusammenhang mit der Schuldenkrise gemacht. Ihrem Posting zufolge muss man sich also noch weniger Sorgen um den Euro machen.

  3. Cord Tepelmann - TEPELMANN.MENTOR

    Sehr geehrter Herr Professor Dr. Malik, da bin vollkommen bei Ihnen, was den Euro angeht. Vielleicht haben die gestrigen Beschlüsse etwas dazu beigetragen, die Stabilität des Euro auch in der Öffentlichkeit nachhaltig bewusster zu sehen.

    Gedanken sollten sich m. E aber diejenigen machen, die allzu viele Dollars „bunkern“ (wo auch immer), hierin sehe ich die größeren Gefahren. Vor allem vor dem Hintergrund des jahrelangen „Einkaufens“ von Sachwerten (Immobilien, Aktienpakete, ganze Unternehmen), natürlich gegen Dollar (also: Tausch solide Sachwerte gegen schwächer werdende Dollars). Und was wird mit dem Dollar? Ist der Euro nur die eine Messlatte? An was bzw. welchen Währungen wird er noch gemessen?

    • Fredmund Malik

      Die Sachwerte wurden in erster Linie gegen Dollar-Schulden „gekauft“. Das heisst, sie wurden zwar gekauft, aber nicht bezahlt.
      Das Dollar-Thema bekommt eine neue Dimension, wenn es um das Bezahlen der ausstehenden Dollarschulden geht, weil die Gläubiger, bevor diese selbst abschreiben müssen, alles unternehmen werden, um die Schuldner zu Zahlung zu zwingen. Dann werden die beliehenen Sachwerte zu jedem auch noch so tiefen Preis auf den Markt geworfen, die Dollar-Schulden bleiben aber nominell unverändert hoch.

  4. Thomas Marschik

    Sehr geehrter Herr Malik, die jüngste „sogenannte“ Euro-Krise erinnert in der Kommunikation sehr stark an das Muster der letzten Finanzkrise. Damals wurde aus einer Krise eines einzigen Marktes, des Finanzmarktes, eine Wirtschaftskrise herbei geredet, die dem Untergang des Abendlandes gleich kommt. Im jüngsten Fall ist es die Zahlungsunfähigkeit eines Mitgliedlandes, welche nun den Euro als Ganzes in Frage stellt, darüber hinaus die Einheit Europas gefährden soll. In beiden Fällen wurden die hedonistischen Motive des Finanzmarktes sozialisiert um ein altruistisches Handeln der Steuerzahler, vertreten durch die Regierung(en) zu erwirken. Auch in der Politik macht sich der Gedanke Europa nur dann breit, wenn es innenpolitisch von Nutzen ist . Somit wird aus der Krise eine WIN/WIN Situation für den Finanzmarkt und die politische Führung. Die Zeche zahlt der Steuerzahler und dieses gleich in mehrfacher Hinsicht. Die in diesen Fällen beschworen Signalwirkung der „Maßnahmen“ hingegen ist mehr als trügerisch. Sie signalisiert dem Steuerzahler fälschlich „wir haben es in Griff“ (Präventives Motiv) und zugleich dem Markt „ihr könnt weiter machen wie bisher“ (Promotives Motiv). Hierzu ist es gegenüber den Massen nicht einmal mehr nötig das Vokabular zu wechseln, denn die Parteien sprechen Klartext „der Finanzmarkt hat sich beruhigt“. Die Inszenierung ist perfekt.
    Weiter machen wie bisher, – die fälschliche Formel deren Zenit längst überschritten ist, wird hier keinen Erfolg für das System im Ganzen bringen, sondern die eigentliche Krise nur vertagen. Der Finanzmarkt und die politische Führung sind von einer kybernetischen Systematik noch weit entfernt. Die Realität wird weiter durch linear ausgerichtete Führungsstrukturen ignoriert, getrieben durch den neurologischen Egoismus des Individuums als Motivation des Handelns. Kaum einer der Mitglieder der sogenannten Führungselite hat sich jemals ernsthaft, oder auch nur im Ansatz, mit der Systematik neurologischer Prozesse und deren Umsetzung in kybernetische Systeme zur organisatorischen Führung und Steuerung befasst. Einzig eines hat diese „Führungselite“ aus dem kommunikativen Prozess gelernt: „Die Macht der Bilder im Kopf der Massen“.

    • Fredmund Malik

      Sie haben in wesentlichen Punkten recht, insbesonder damit, dass weitermachen wie bisher zur Verschlimmerung der Zustände führt. Ein Vorschlag noch: Anstelle von kybernetischer Systematikverwende ich lieber den Begriff Systemik . Der Grund ist, dass viele Systematiken gerade am stärksten unsystemisch sind. Einer der Kybernetik-Pioniere, Stafford Beer, hat einmal gesagt: You can be systematically unsystemic.

      • Thomas Marschik

        Bei der Definition Systematik/Systemik bin ich mit ihnen auf einer Linie.
        Heute gab es in Deutschland einen guten Beweis, wie das inszenierte Schreckgespenst der Euro-Krise in den Köpfen der Massen funktioniert. Hierzu die Tagesschau der ARD: „Schuldenkrise drückt Stimmung der Verbraucher.
        Die Schuldenkrise in der Euro-Zone drückt die Stimmung der deutschen Konsumenten: Sie schätzen die Aussichten für die Konjunktur und die eigenen Finanzen skeptischer ein als zuletzt, wie aus einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) unter 2000 Verbrauchern hervorgeht.“
        Kaum einer Verbraucher ist angesichts der medialen „Aufführung“ der Krise in der Lage, die Situation auf das Wesentliche zu reduzieren: Die Kaufkraft des Euros ist im Binnenverhältnis (derzeit) unverändert, im Außenverhältnis für unsere Exportwirtschaft von Vorteil. Gegenwärtig ist also eine reale Sorge um die Kaufkraft, wie auch um einen Arbeitsplatzverlust unbegründet. Es sind die Bilder im Kopf die die Massen lenken, leider nicht immer in die richtige Richtung.

        • Fredmund Malik

          Sie haben recht. Die Welt ist nicht was sie ist, sondern das wofür wir sie halten … Der Satz ist von Paul Watzlawick, wenn ich mich recht erinnere. Auf die Dauer werden sich die Fakten aber schmerzlich durchsetzen.