Das deflationäre Debakel am US-Immobilienmarkt

F. Malik am Freitag, 09.09.2011 um 5:43 Uhr
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Als ich im Jahr 2002 an unserer Tagung über die Wirtschaftslage darlegte (siehe meine DVD und unsere Krisenpage), dass nach der bereits geplatzten Internet-Blase als nächstes die US-Immobilienblase kommen wird, konnten viele das nur schwer akzeptieren. Gab es etwas Solideres als Immobilien? Waren diese nicht das Wertbeständigste?

Nein! Denn es kommt auf die Finanzierung an. Immobilien, die auf Schulden gebaut werden, sind vom Prinzip her Kandidaten für Zwangsversteigerungen. Meine Analysen im Jahre 2002 hatten glasklar ergeben, dass der Häusermarkt in den USA an die Wand fahren würde, wenn man nicht rasch die Bremsen zieht. Der US-Notenbankchef, Alan Greenspan, dachte gar nicht daran, sondern machte das Gegenteil. Jetzt hingegen hagelt es Milliarden-Gerichtsklagen gegen Top-Banken in USA und teilweise auch in Europa.

Schon die Entwicklung am Immobilienmarkt für sich ist deflationär. Die Klagen gegen die Banken verstärken das, egal wie diese ausgehen werden.

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17 Kommentare

  1. Karin Binder

    US-Gebahren-Immobilien : die sogenannten rigorosen “Heuschrecken“ haben auch in Deutschland in diesen Jahren 2002 und danach ständig nur nach mehr Leveraging gerufen. Riesige Wohnanlagen-Pakete wurden von Privat oder vom Staat an Briten und Amerikaner verkauft, entweder in kleinere Päckchen aufgeteilt u. weiterverkauft oder durch Mieterhöhungen und/oder Verwahrlosung in einen traurigen Zustand versetzt. Durch Basel II (damals) ging so mancher Amerikaner “traurig“ wieder nach Hause, weil man von ihm immer noch zuviel EK verlangte. Unternehmen wurden 80-90% FK + Zinsen belastet etc.. Es könnten auch da noch einige Anschluss-Finanzierungen zusammenbrechen – mit deflationären Folgen . Dann sind die Aufkäufer von “non-performing-loans“ von Großbanken (gestern und morgen) mit ihrer sehr niedrigen Einkaufsquote vielleicht noch am besten bedient. Es scheint als bliebe in den nächsten Jahren kein Stein mehr auf dem anderen.

    • Fredmund Malik

      Sie haben Recht, Frau Binder, und es wird so kommen, wie Sie sagen, wenn man am alten Denken und den herkömmlichen Massnahmen und Methoden weiterhin festhält. Wenige haben eine so klare Sicht, wie Sie, und können daraus auch die richtigen Schlüsse ziehen, und haben, wenn ich Sie recht verstehe, daraus sogar die richtigen Konsequenzen gezogen. Sie scheinen auch in einer Gegend zuleben leben, wo man nicht mit tätlichen Übergriffen rechnen muss. So können Sie Ihre phantastische Aussicht in Gelassenheit geniessen. Ihr Posting stelle ich heute auf die Mainpage und hoffe, dass Sie nichts dagegen haben, denn es ist für viele informativ.

      • Karin Binder

        Lieber Herr Professor Malik,
        danke – ja das ist okay, wenn es Menschen inspirieren kann. Tätliche Übergriffe : es ist – obwohl nur 1000m vom Meer entfernt – sehr schwierig, zu uns zu finden. Die einsehbare Rückseite des Hauses lassen wir immer etwas bäuerlich und ärmlich wirken – vorne, wo es niemand sehen kann, gestalten wir es schön. Sollte es eine soziale Kernschmelze geben, ist es wichtig , keine Begehrlichkeiten zu wecken und sich zu überlegen mit wem man verkehrt.

        • A.I.

          Sehr schön, wenn man so eine Freiheit genießen kann.

          • A.I.

            Liebe Frau Binder,

            ich freue mich immer, von Menschen zu erfahren, die sich Verstehen und Erkenntnis bemühen.

            Wenn man dann noch wie in Ihrem Fall den Mut hat, die richtigen Folgerungen zu ziehen und entsprechend zu handeln, dann freut mich das umso mehr.

            Als „alter“ Mannschaftsspieler weiß ich eines ganz genau: nur wenn die anderen mitspielen, und zwar nach den gleichen Konzepten, kann man Erfolg haben.

            Vor allen Dingen kann man nur zusammen Erfolg haben. Was nützt es, ein Tor erzielt zu haben, wenn man 8:1 verliert und aus dem Turnier fliegt?

            Und eine arbeitsteilige Gesellschaft kann nur wie ein „Mannschaftssport“ funktionieren. Sobald eine kritische Masse von Einzelakteuren damit beginnt, rücksichtslos Eigeninteressen durchzusetzen, ist das Debakel unabwendbar.

            Auf unser Thema übertragen heißt das: Wenn alle auf Shareholder Value getrimmt sind, und nur eine Handvoll Unternehmen fortschrittliche Ansichten vertreten und neue Methoden anwenden, nützt es sehr wenig.

            Prof. Malik weiß das auch und das wird wohl der Grund sein, warum er die Blog-Leser dazu auffordert, Elemente dieser neuen Ansätze weiterzuverbreiten – durchaus zu Recht, wie ich finde.

            • Fredmund Malik

              Im Prinzip haben Sie Recht, besonder bezogen auf die bisherigen Spielregeln, und deshalb funktioniert es ja nicht mehr.
              Denn immer mehr Player haben sich aus dem Mannschaftssport hinausgeschwindelt und habe ihr Egoistenspiel begonnen, und zwar gestützt auf eine neoliberale Ökonomie, die diese „Smartness“ mit unsäglicher Naivität zum Vorbild sozialen Verhaltens hochstilisiert hat.
              Zum Glück sind aber 4/5 der Unternehmen gerade nicht Shareholder Value-geführt. Sondern es sind die berühmten Mittelstandsunternehmen, die kundenorientiert funktionieren. Sie machen mehr als 2/3 des Sozialproduktes. Aber auch sie sind durch die Krise gefährdet, haben noch viele Alt-Welt-Gewohnheiten und müssen sich umorientieren.
              Verbreitet wurde der Unfug aber durch die Hochschullehrbücher und durch die MBA-Programme und Business Schools, weitab von jeder wirtschaftlichen Realität.
              Ich habe schon ein Buch in Arbeit mit dem Titel: Wieviel Praxis haben alle BWL-Professoren zusammen? Ich werde es aber erst posthum veröffentlichen 😉

          • Karin Binder

            Liebe/r A.I.,
            danke für Ihre freundliche Stellungnahme – ja es ist wirklich sehr schön !
            Vor allem wenn man endlich mit allen wichtigsten Arbeiten fertig ist.
            Wir glauben nach unseren Erfahrungen, dass diese Freiheit mit Mut zu
            Veränderungen oft möglich wäre. So sehen wir es im Bekanntenkreis.
            Aber es ist auch nicht für jeden ein Traum, sich stark zu verkleinern, umzuziehen und sich hier mit Landarbeit und Handwerkern zu beschäftigen. Unsere große Liebe zu den italienischen Menschen, Landschaft & Klima sowie die Vorsorge wegen einer eventuell heftigen Übergangszeit während der Transformation21 wie sie Prof. Malik beschreibt, waren die treibenden Kräfte. Auch eine Müdigkeit, die alten Spiele in der Wirtschaft weiterzuspielen – es wurde einfach langweilig jeden Tag nur die Worte Rendite, Kaufpreise etc. zu hören. Da halfen auch geistige Nebenbeschäftigungen nicht mehr. Wir sind dankbar, daß wir so gesund waren, diese Kurve “gekriegt“ zu haben und sind nun ziemlich “leistungsfähig“ und eingespielt mit dieser neuen Art zu leben. An der Entwicklung der Welt sind wir weiter mehr als interessiert. Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre eigene individuelle Freiheit !
            herzliche Grüße Karin Binder

        • Fredmund Malik

          Danke, Sie scheinen wirklich an alles gedacht zu haben. Kompliment .

  2. Stefan Ludwig

    Es tut mir Leid,

    für mich ist das posting nur sehr begrenzt informativ. Warum? Weil ich mir unter mehreren Begriffen bzw. Abkürzungen nichts vorstellen kann.

    Was sind US-„Gebahren“-Immobilien? (Bitte Beispiele nennen und die Unterschiede zu „gewöhnlichen“ Immoblien beschreiben)

    Was bedeutet in diesem Zusammenhang die Abkürzung „EK“? Einkommenssteuer ? Möglich ich bin mir aber nicht sicher.

    Mit allem Resepkt vor der Lebensleistung von Frau Binder
    Den Satz „Unternehmen wurden 80-90% FK + Zinsen belastet etc..“ verstehe ich nicht.
    Was bedeutet in diesem Zusammenhang die Abkürzung „FK“? Ich kann mir einige Worte die Sinn machen vorstellen bin mir aber nicht sicher. Deswegen bitte erklären.

    Heißt es nun „Unternehmen wurden MIT 80-90% FK + Zinsen belastet etc..“ ??

    oder

    Unternehmen wurden ZU 80-90% FK + Zinsen belastet etc..???

    mit freundlichen Grüßen

    Stefan Ludwig

    • Fredmund Malik

      Frau Binder meint die Art und Weise, wie man in USA mit Immobilien gehandelt und diese finanziert hat. Deutlicher gesagt, wie man im US-Immobilien-Kasino gezockt hat.
      EK = Eigenkapital; FK = Fremdkapital (also Schulden).
      Klartext: Um eine Immobilie zu erstellen oder zu kaufen, wurden 80 – 90% Schulden gemacht und darauf müssen auch die Zinsen bezahlt werden.
      Dasselbe gilt u. a. für Irland, England und Spanien.

    • Karin Binder

      Sorry Herr Ludwig,
      und danke – Sie haben Recht – ich hätte es “ausführlicher und ausgeschriebener“ schreiben können.
      Für die riesigen britischen+amerikanischen Private -Equity-Firmen waren die deutschen Wohnanlagen
      und deren Einkaufspreise “billig“. Sie konnten diese mit einer sehr hohen Fremdkapitalquote günstig finanzieren und einige Jahre stand Deutschland als interessantester Investitionsstandort in hoher Gunst. Es wurden sehr große Pakete an Wohnungen mit hohen Schuldbeträgen in Milliardenhöhe erworben. Aber die Yield / Rendite stimmte für die Manager , vor allem wenn sie den Spielraum für Mieterhöhungen gut ausnutzten. Bei Firmenverkäufen mit Inhaberimmobilien (oft wegen Nachfolgeproblemen) wurde z.B. das operative Geschäft / Goodwill verkauft und die Immobilien getrennt an einen anderen Käufer. In einem Fall haben wir hautnah miterlebt wie das schiefging, weil durch Unerfahrenheit etc. der eingesetzten Manager und Interessenkonflikte zwischen Mieter und Vermieter umsatzstarke Unternehmen bald nicht mehr wiederzuerkennen waren. Dieses “Gebahren“ und seine Folgen werden sich erst noch offenbaren, da die zusätzlichen Belastungen durch Schulden auf Firmen und/oder Immobilien sich rächen und die Anschlußfinanzierungen sicherlich bald neu und ungünstiger verhandelt werden müssen. Die oft blitzschnellen und rigorosen anglosächsischen Geschäftspraktiken gingen lange gut. Ich erklärte oben natürlich die Probleme der gewerblich gehandelten Immobilien. In USA ist die Menge der Zahlungsausfälle bei selbstgenutzten Privatimmobilien eine Katastrophe. Beim Gewerbe in USA habe ich zur Zeit keinen genauen Einblick mehr. Dies addiert sich m.E. alles zu deflationären Entwicklungen. In Deutschland wurden schon ca. 2002-2004 große Pakete der non-performing-loans, also Zahlungsausfälle meistens bei privaten Hypotheken (nach dem Platzen der Dotcom-Blase) , von Banken an eine anglosächsische Gruppe zu niedriger Quote verkauft, die entsprechend hart und rücksichtslos „weiterverwerteten“. Dem wurde inzwischen vom Gesetzgeber der Riegel vorgeschoben. Es ist wirklich ein Kasino wie Prof. Malik schreibt und auch “NOCH“ ziemlich unübersichtlich. (Persönlich hatte ich immer den Eindruck, daß die Briten über uns Deutsche entweder lächeln oder gleich das “Schlimmste“ befürchten.) Ich hoffe, ich habe mich nun verständlicher ausgedrückt. Da ich dazu neige, mich bei diesen Themen NICHT kurz zu fassen, wollte ich meine Erfahrungen nicht ausufern lassen. mit besten Grüßen Karin Binder

      • Stefan Ludwig

        Hallo Frau Binder,

        ich finde mit Ihrer Ergänzung haben Sie eine gute Balance zwischen Kürze und Verständlichkeit getroffen. Vielen Dank dafür. Mit freundlichen Grüßen Stefan Ludwig

        • Karin Binder

          Herr Ludwig,
          das freut mich – danke auch Ihnen für den Feedback und alles Gute !
          Karin Binder

  3. Juliana Thutlwa

    Frau Binder, Herr Ludwig,

    Ihnen beiden muss ich gleichermaßen Danken, denn ohne Ihre Fragen, Herr Ludwig und ohne Ihre Erläuterung, Frau Binder, hätte ich Ihrem Thread nicht folgen können.
    Dass der Anglosächsische Raum „Bubblelicious“ veranlagt ist und deren „Gebahren“ kein gutes Ende finden konnte, war nur eine Frage der Zeit. Ich habe mein Erststudium Ende 2003 beendet. Bereits 2005 wusste ich, was wirtschaftlich auf uns zurollt, wenn auch eher durch die interne Sicht – ich war zum damaligen Zeitpunkt in einem amerikanischen Unternehmen im Produktmanagement tätig. Heute, mit vollem Bewusstsein für das „Risiko“ noch einmal neu zu beginnen (Psychologiestudium) habe ich, offen gestanden, Zukunftsangst. Den maroden und antiquierten Denkstrukturen der aktuellen Managementebene kann und will ich nicht (mehr) vertrauen. Einige Branchen sind schon so (er)krank(t), deren Arbeitslosenquoten unfassbar hoch, die Deflation ist in vollem Progress und keiner sieht hin. In den letzte Atemzügen hechelnd und hypernervös wird sich um Werte geprügelt, deren Inhalt nur den Aktionären dienen, während die Uhr dieser Ära ihre letzten Minuten zählt. Es braucht, und jetzt möchte ich Ihnen danken Herr Prof. Malik, eine humanitäre Politik, konkrete Lösungen, einen handfesten Plan und Menschen, die die -verzeihen Sie mir die umgangssprachliche Formulierung- „Cojones“ haben systemisch und strukturell integer Veränderung herbei zu führen: von der Altersvorsorge bis hin zu Zuzahlungen bei der Krankenversicherung, um nur Beispiele zu nennen. Ich bin 33 Jahre jung(!) und ich will eine Zukunft!

    Mit freundlichen Grüßen,
    J. Amenuvor
    Juliana Thutlwa

    • Fredmund Malik

      Kommen Sie doch zu uns. Manche sagen: Die Zukunft ist Malik. Wir formulieren es etwas anders: Wir schaffen die Zukunft, mit unseren komplett anderen Tools, Methoden und Denkweisen. Schicken Sie uns Ihre Unterlagen.

      • Karin Binder

        Liebe Frau Thutlwa, danke für Ihre zustimmende Antwort auf die postings.
        Wir haben (leider?) sehr ähnliche Erfahrungen in der Wirtschaft und ich kann nur unterstreichen was
        Sie berichten. Sie sind noch jung und Sie haben Ihre Zukunft bereits in die
        eigenen Hände genommen wie Sie aus Prof. Maliks positiver Antwort sehen ! Die
        Krisen bergen oft (immer?) großes Potential für wache Menschen wie Sie – bleiben
        Sie einfach nur mutig und flexibel. Alles Gute für eine spannende Zukunft ! Karin Binder

        • Juliana Thutlwa

          Hallo Frau Binder.

          Vielen Dank für Ihre Zustimmung und die motivierenden Worte. An dieser Stelle bleibt kaum mehr übrig, als zu sagen: auf zu neuen Ufern! Es ist Zeit.
          Ich gehe „schwer“ davon aus, dass wir im gleichen Boot sitzen, was mich sehr erfreut, unabhängig davon wie die Aufgaben verteilt sind. Denn ohne Ruderer keine Fotbewegung und ohne Steuermann keine Richtung, beziehungsweise Erfahrung wohin es gehen kann.

          In diesem Sinne…Auf gehts!