Deflation auf holländisch: SNS Bank-Gläubiger verlieren ihre Guthaben

F. Malik am Mittwoch, 27.02.2013 um 7:18 Uhr
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In den Niederlanden passiert nun Deflation pur, so wie wir es rund um den Globus in den kommenden Jahren erleben werden, und so wie ich es im Blog dutzendfach beschrieben habe. Die Regierung erklärt die SNS-Bank Anleihen als wertlos. Damit müssen also die Gläubiger ihre Forderungen abschreiben. Puff … da ist nichts mehr. Da war schon lange kein Geld mehr, sondern nur noch die Hoffnung, dass die Bank irgendwann die Forderungen bezahlen werde. Der falsche, irreführende, einschläfernde Optimismus …

In den Medien steht zwar, dass die Gläubiger „enteignet“ worden seien. Dies stimmt natürlich einmal mehr nicht und verschleiert erneut und weiterhin den wahren Charakter der Deflation.
Nein, der Staat springt nur nicht mehr für die bankrotte Bank ein. Die Anleihebesitzer werden nicht enteignet, sondern ihre Forderungen gegen die Bank sind wertlos. Es gibt niemanden, der dafür noch zahlen würde.
Pech gehabt … auf die falsche Bank gesetzt … die naive Hoffnung gehabt, der Staat werde schon weiterhin zahlen … und ähnliche wirtschaftliche Kindereien mehr.
Tragisch für die Gläubiger. Dies wird nun zunehmen und letztlich massenhaft geschehen.

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22 Kommentare

  1. BERD

    Kann mensch Ähnliches in der nächsten Zeit auch für die Aktien der Schweizerischen Nationalbank erwarten?

  2. Jürgen Clasen

    Diese Sache steht für mich dafür, das man aus der Geschichte nichts lernt. Die Niederländer hätten eigentlich noch heute die Brandmale aus der Tulpenzwiebelspekulation spüren müssen. So aber, haben sie diesesmal aus Hundehütten unbezahlbare Wohnklos gemacht. Wer trägt hier den Schaden? Aktionäre und Zeichner von Inhaberschuldverschreibungen der SNS. Die Spareinlagen sind davon nicht betroffen. Selbst die Gläubiger zyprischer Banken werden wahrscheinlich besser behandelt. Daraus folgt, gib einer kleinen Bank kein Geld… Wenn es um breite Sparanlagen gehen sollte, gibt es die alten breiten Rettungsreflexe wie weiland von Merkel postuliert. Wir garantieren alle Spargelder… Natürlich wäre die rigorose Beteiligung aller (!) Gläubiger (also auch der Sparer) der richtige Weg. Deshalb ist auch diese Rettung mehr eine lauwarme lausige Fortsetzung des bisherigen Kurses. Kann nicht erkennen, das damit eine grundsätzliche Wende eingeläutet wurde.

    • Thomas Moroder

      Bzgl. der Tulpenzwiebelspekulationsblase wäre ich über die Meinung von Prof. Heinsohn gespannt, da die genauen historischen Fakten schwierig auszuarbeiten bzw. bewerten sind.

      War es wirklich der grosse Crash, der immer wieder vorgetragen wurde?

      Oder haben sich einfach einige Marktteilnehmer nicht mehr an Ihre vertraglichen Verpflichtungen gehalten, aber ohne dass es grösseren Schaden für die damalige Volkswirtschaft gab?

      • Blum

        Hochzeit zw. 1634-37, Friesland war frei und reich (Seehandel), drumherum 30-jähriger Krieg. Heute ein Ferarri = damals eine Semper Augusta, Heute Garage für Oldtimer = damals das Kuriositätenkabinett. S-Kurven-gemäß entwickelte sich der Spleen seit langem (Diebstahl von Tulpen aus den 1560er Jahren berichtet, so wurden ca. 7 Jahre von jg. Zwiebel bis zur Tulpe „übersprungen“). Handel fand nicht an Börsen statt, sondern, vorbereitet über Versandkataloge, „OTC“ in Tavernen (Alkohol). Maler wie van Goyen zockten mit. Weniger Liebhaberei, mehr Spekulation, „Futures“-Einsatz , „Leveraging“ (Schulden), Papierhandel. Anfang Februar 1637 erstmals in Harleem kein Handelspreis gefunden trotz Reduktion – Vertrauensverlust – drastischer Preisverfall für dieses „Zusatznutzengut“. Schlimmere Auswirkungen gab es nicht!

        Mögliche Gründe:
        Es betraf nicht die Masse, sondern eine kleine Gruppe Vermögender. Mögliche Rückabwicklung mit ca. 5% Abstandszahlungen für Spekulanten, Liebhaber hatten weniger Kredite eingesetzt. Selbstregulation. Zeitversatz zwischen Preis und Zahltag (wenn Blüte zu sehen war). Schlecht nur für diejenigen, die künftige „Erträge“ vor dem Zahltag weiter verplant hatten.

        • F. Malik

          Schöne Darstellung und lehrreich.
          Die breite Bevölkerung hatte natürlich keine Mittel um mitzuzocken, aber sie musste die Konsequenzen mittragen. Heute kann man die Bevölkerung mit Medien, Aktiensparen und verwandten Mitteln schon dazu bringen mitzumachen. Ausserdem ist die Bevölkerung über die Pensionsfonds, Lebensversicherungen, Beamtenpensionkassen usw. in sehr hohem Mass engagiert, ohne es zu wollen und zu wissen.

    • F. Malik

      Ich denke es sind erste Signale. Ähnliches tut sich in Griechenland. Man will sich nicht länger knebeln lassen. Mit den Tulpenzwiebeln haben Sie recht, auch der irreversible Niedergang von Antwerpen und Brügge würde lehrreiche Lektionen vermitteln.

  3. Thomas Moroder

    Interessant ist auch die ISDA-Entscheidung dazu bzgl. der CDS.

    Letztendlich werden Gläubiger inkl. Versicherer massive Abschreibungen dafür tätigen müssen, was die Deflation weiterhin verstärken dürfte.

  4. Peter Koch

    man würde erwarten, dass die Medien dies aufgreifen. Auffälliger weise berichtet bei den online-Ausgaben der grossen deutschen Medien bislang jedoch nur die welt (http://www.welt.de/finanzen/article113939408/Europa-enteignet-erstmals-die-Glaeubiger-einer-Bank.html)über diesen Vorgang. FAZ, Handelsblatt, Süddeutsche, Spiegel, Focus, n-tv, n24 etc. haben zwar über die Verstaatlichung der Bank berichtet, melden bis heute (28.02. 09:30)jedoch nichts über die Entwertung der Anleihen.

  5. Thomas

    Was ist mit den Spareinlagen von Anlegern passiert, wurden die erstattet durch einen Sicherungsfonds oder sind die auch weg?

    • Thomas Moroder

      Die Spareinlagen von Anlegern laufen weiter wie bisher, der Sicherungsfonds muss gerade nicht eingreifen – das war das Hauptargument für die staatliche Intervention, da man damit insgesamt Kosten spart (die Kosten für den Sicherungsfonds und damit indirekt für die anderen Banken wären über 5 Milliarden Euro gewesen). Eine ungeordnete Insolvenz der SNS hätte wohl grösseren volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet.

      Rein juristisch gesehen ist die Bank (und die darüberliegende Holding) gerade nicht insolvent geworden, die Aktionäre und nicht besicherte Anleihegläubiger wurden enteignet, auch wenn das Eigenkapital negativ war und somit auch der Wert der unbesicherten Anleihen und Aktien bei Null liegen soll. De facto wäre die Bank am nächsten Tag in die unkontrollierte Insolvenz gegangen, die unbesicherten Anleihen wertlos.

      Zum Nachlesen:
      http://www.government.nl/files/documents-and-publications/parliamentary-documents/2013/02/01/nationalisation-of-sns-reaal/letter-to-parliament-concerning-nationalisation-of-sns-reaal.pdf

    • F. Malik

      Soweit ich informiert bin, sind die Sparrer bisher verschont geblieben. Erst die Anleihegläubiger sind betroffen.

  6. Volker Müller

    Dazu passt ja auch die Nachricht vom Bankhaus Rott:

    Die Hauspreise in den Niederlanden legten im Januar einen Rekordsturz aufs Parkett. Um fast 10% gingen die Verkaufspreise im Jahresvergleich zurück.

    Deflation lässt grüßen

    • F. Malik

      Danke, wie ich gerade wegen der zahlreichen Meldungen über steigende Mieten etc. seit langem immer wieder betone. Es kommt wie es programmiert ist. Auch in Zürich stehen immer mehr Immos leer, insbesondere luxuriöse Büroräume in der City. Die Mieten beginnen zu fallen.

    • F. Malik

      Besten Dank für das Link. Deflation pur, so wie ich sie in vielen meiner Management Letter, zuletzt in der Januar Ausgabe 2013, und in meinen Büchern seit langem beschrieben habe.

  7. CP Seichter

    Hallo zusammen, wo findet man belastbare Zahlen über Immobilienfinanzierung in Deutschland? Laut einer Studie von Immobilienscout24 sind auch in D die Eigenkapitalquoten von 2010 nach 2012 (jew. 4.Q.) deutlich gesunken, z.B. München von 23% auf 14% oder Frankfurt von 22% auf 9%. Das ist doch ein deutliches Zeichen dafür, dass in Deutschland allmählich der Immobilienboom ankommt, der in Spanien, Irland, USA, Griechenland & Co mit zu den heutigen Problemen geführt hat, oder? Es ist immer gut, sich auf belastbare Zahlen zu berufen: wie werden Immobilien finanziert? welche Einkommensgruppe leistet sich Immobilien?… Mir scheint es, als ob Deutschland jetzt mit wenigen Jahren Verzögerung die gleiche Entwicklung nimmt. Jeder Hinweis ist willkommen…

  8. UW

    Zum Thema Defla/Infla und Immobilienpreise Handelsblatt online heute: „Investoren ziehen sich aus Immobilienmarkt zurück“ – Bei Private-Equity-Investoren wie Blackstone und Goldman Sachs steht derzeit in Deutschland der größte Wohnimmobilienbestand seit ihrem Markteintritt 2005 zum Verkauf – ein Anzeichen, dass die Preissteigerungen ihren Höhepunkt erreicht haben … Insgesamt wollen Investoren sich von Wohnungen und Beteiligungen an Immobiliengesellschaften im Wert von mindestens fünf Milliarden Euro trennen, wie aus Unternehmensangaben und informierten Kreisen verlautet.

    • F. Malik

      Durch den ganzen Topping Prozess der Preise von exzessiv kreditfinanzierten Sachgütern zieht sich die Gefahr von radikal sinkenden Preisen – gerade von Immobilien. Die Ereignisse in den USA, Irland, Spanien, Portugal und Griechenland waren die Vorboten. Durch temporäre Gegenbewegungen haben sich die meisten Leute speziell in Deutschland, Schweiz und Österreich, vor allem aber auch in China irreführen lassen und noch im Endstadium dieses Prozesses zu Höchstpreisen gekauft, weil sie den Gesamtprozess der Deflation nicht verstehen.
      In meinem Blog habe ich jedoch auf diese Entwicklung während der gesamten Zeit durchgängig ohne Zweifel festgehalten. Andere Kommentatoren hingegen schwankten ständig hin und her und die meisten haben Immobilien als sichere Anlagen empfohlen.

  9. Peter Maxlim

    Sind die Sparguthaben bei der SNS Bank nach deren Pleite gesichert oder verliert selbst der kleine Sparer sein Geld ? Banken sollten durch die Systemverwalter in ihre Schranken gewiesen werden. Den Banken muß vorgegeben werden, was sie dürfen und was nicht. Wer Geld von Sparern verspielt ist kriminell und unverantwortlich, um als seriöser Mitarbeiter bezeichnet zu werden. Folgende Geschichte ist bezeichnend für das System an sich und das Bankensystem: Der Fuchs sprach zu den Goldsammelnden Raben und Elstern. Morgen ist Vollmond. Wenn Ihr Eur glitzerndes Gold und Silber in den Acker grabt, dass vermehrt sich Eurer Schatz über Nacht wie Kartoffeln. Ein glitzernder Ring bringt 10fache Frucht. Wie blöd sind die Manager in ihrer Blödheit und Habgier um es dieser Fabel gleich zu tun ? Bändigt diese Idioten bevor sie das Finanzsystem zerstören.

    • F. Malik

      Wie die SNS Bank schliesslich abgewickelt wurde, ist mir nicht bekannt. Gesichert sind Bankguthaben jedenfalls nicht. Das heisst, „Geld auf der Bank“ ist nicht Geld im allgemeinen Sinne, sondern es sind Forderungen gegen die Bank, die gut sind, solange die Bank gut ist, und/oder die Einlagenversicherungen leisten kann.