Ist Bernanke der böse Bube? Wie die Märkte wirklich funktionieren

F. Malik am Samstag, 22.06.2013 um 8:38 Uhr
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Wenn von der vergangenen Woche an die Kurse von Aktien und fast allen weiteren Sachwerten für Jahre endgültig nach unten gehen, dann wird man noch in Jahrzehnten Bernanke die Schuld dafür zuweisen. Der arme Kerl ist aber ganz unschuldig, und dennoch wird man ihn mit Schimpf und Schande aus dem Amt treiben.

Vergangene Woche war eine der hervorragenden Gelegenheiten, etwas absolut Grundlegendes über die Finanzmärkte zu lernen. Daher sollte man nicht versäumen neu nachzudenken.

Einerseits kann man am allgemeinen Irrglauben festhalten, die Rede des US-Notenbankchefs Ben Bernanke habe die Kurse nach unten getrieben, und so eindeutig wie diesmal seien Ursache und Wirkung nur selten zu sehen gewesen.
Andererseits kann man aber auch sagen, die Märkte seien ohnehin schon seit Langem so überreif für einen Kursrückgang gewesen, dass sie auch von allein und ohne äusseren Grund zurückgegangen wären.

Natürlich mangelt es nie an äusseren Ereignissen, welche Medien und „Fachleute“ heranziehen können, um diesen die Auslösung von Finanzmarktbewegungen nach oben oder nach unten zuzuschreiben. Es hätte diesmal zum Beispiel auch der ergebnislose G8-Gipfel sein können, oder die Ereignisse in der Türkei und Brasilien, oder die neuen Nachrichten über die Lage der chinesischen Banken.

Erst wenn man sich vom naiven Ursache-Wirkungsdenken löst, kann man die wahre Natur der Börsen zu verstehen beginnen. Deren Bewegungen sind von äusseren Ereignissen so weitgehend unabhängig, dass man diese aus den Erklärungen streichen kann. Das lässt sich auch recht gut beweisen.

Massgeblich ist die innere Dynamik der Märkte. Man kann die Beziehung geradezu umdrehen und sagen, die Märkte machen die Ereignisse. Dieser Gedanke ist jedoch für die Meisten fast unmöglich nachzuvollziehen.

Mit diesem Erklärungsprinzip können meine LeserInnen schon seit Langem gedanklich experimentieren, denn diese Auffassung vertrete ich mit vielfältigen Beispielen seit Beginn dieses Blogs. Damit erschliessen sie sich ein ganz neues Universum für ihr Weltverständnis, das ihnen den Durchblick bringt. Es ist derselbe Typ von Erkenntnis wie ihn der bedeutende Astronom Nikolaus Kopernikus herbeiführte, als er das geozentrische Weltbild durch das heliozentrische Weltbild ersetzte. Die Himmelsbeobachtungen blieben zwar dieselben, jedoch waren die Erklärungen dafür radikal anders. Dieses Prinzip hilft jedem, der es verstanden hat, ganz generell komplexe Systeme aller Arten besser zu verstehen, was ohne dieses Erklärungsprinzip unmöglich ist.

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45 Kommentare

  1. Jürgen Clasen

    Herr Prof Malik, sinngemäß, „von nun an gehts berg ab…“. Die vorlaufenden
    Idikatoren wurden von Ihnen und mir hier schon ausgiebig aufgezeigt. Eindringlich warne ich, den Charakter einer solchen Korrektur nur in einer
    pausenlos abwärts gerichteten Bewegung zu sehen. Wir werden einen Wellengang haben, bei dem man leicht seekrank werden kann. Im DAX haben wir schon -10% hingelegt. Der DOW ist in der Mitte der Wagenburg und kommt später dran. Vorsichtige Anleger setzen jetzt nicht alles auf eine Karte.
    Bis Ultimo Juni können für die Halbjahresergebnisse noch stretching Übungen kommen, bei denen man sich verwundert die Augen reibt. Das kann
    keiner aufhalten, was die üblichen Verdächtigen mit ihren Häuptlingen
    abgesprochen haben und dann trotz evtl. negativem Nachrichtenumfeld die Indices treiben. Haben wir das hinter uns, können wir Nachschläge denken.

    • C. M.

      Sehr geehrter Herr Clasen, halten Sie dann den „Wellengang“ für die Phase vor dem dann doch starken Absturz oder wird es für eine ganze Zeit lang wellig bleiben?
      Kennen Sie zufällig das Buch ‚Das kleine Buch der Seitwärtsmärkte: Wie Sie trotz stagnierender Kurse Gewinne machen‘ von Vitaly Katsenelson und können es empfehlen?

      • Jürgen Clasen

        @C.M. Den Wellengang haben wir in jeder Zeiteinheit Std/Tag/Monat/Jahr(e). Gewöhnlich, wie am Mittelmeer, ohne großen
        Tidenhub. Dazu können Sie sich praktisch jeden Chart ansehen. Nehmen wir z.B. mal die DTAG. Sie sehen den „Bullshit“ eben in jeder genannten Zeiteinheit. Über alles gesehen ergibt sich ein Muster. Nach dem CPO einen starken fulminanten Anstieg über Hundert. Dann den ähnlichen Abstieg unter 10. Es ergibt sich ein allgemeines Muster. Werte, die ähnlich schnell hochlaufen, kor-regieren die blumigen Kurserwartungen der Anleger praktisch bis zum Ausgangspunkt und hier sogar daunter.Davor sei gewarnt.Eigent-lich, darf man so gesehen, garnicht bei steigenden Kursen kaufen. Andre Kostolany hat das gut erfasst. Wenn die Straßenbahn wegefahren ist, nicht hinterherlaufen… bald schon kommt die nächste…Stets nur mit Minipositionen arbeiten. Nicht sofort nachkaufen wenn es gut läuft. Eher dann auf die ablaufenden Wellen warten. Die angesprochenen Charts beweisen es stets aufs neue. Hin und her. Börsen hängen von multivariablen zu Teil rückgekopptelten Faktoren ab. Ich habe da noch keinen getroffen der dort den Stein der Weisen gefunden hat. Auf alte Hasen hören!

    • F. Malik

      Lieber Herr Clasen, wir sind hier nahe beieinander, weil wir wissen, dass Finanzmärkte keine linearen Systeme sind, sondern chaotische – im Sinne der physikalischen Chaostheorie. Ihre Verlaufsmuster sind Fraktale. Da kann man ganz schöne Überraschungen erleben. Selbst wenn man richtig liegt, kann man noch Geld verlieren. Jetzt werden die Amateure erst sehen, wie viel es braucht, um nachhaltige und v. a. kontinuierliche Gewinne zu machen. Danke für Ihren Beitrag.

      • Jürgen Clasen

        Vielleicht was zur aktuellen Lage. Der DAX läßt Federn. Die Anleger verhalten sich wie Ikarus, man mißt diesen Verlusten noch keine tiefere Bedeutung zu. Schließlich kennt man aus den vergangenen Jahren nur stetige Kursgewinne. Es muss noch härter kommen, um die Schafe aufzuschrecken. Wenn wir die Widerstandszone
        7400 bis 7500 wirklich in einem Satz nach unten nehmen, wird es
        ungemütlich. Erste Anleger zweifeln…
        Kupfer, das neue Opfer auf der Metallseite, wird gerade richtig
        rangenommen. Hier merkt man, das keine „schlauen“ Unterstützer
        am Werk sind. Werden die 6250 durchgesemmelt, schaut man in einen
        Abgrund und es schaudert mich, weil diese Klippe ziemlich viel
        Fallhöhe erkennen läßt.
        Shortseller sollten dennoch Vorsicht walten lassen. Ratzfatz kann es zu beträchtlichen Gegenbewegungen kommen. Gewinne laufen lassen… Nachkäufe auf Wiedervorlage legen.

  2. Stefan Ludwig

    Sehr geehrter Herr Prof. Malik,

    helfen sie mir als ökonmischem Laien auf die Sprünge. Die Märkte machen die Ereignisse. Da es sich um ein komplexex System handelt gibt es keine einfache Ursache-Wirkungsbeziehung. Es ist ein ganzes Ursache-Wirkungsgefüge und Ursachen-Wirkungsbeziehungsnetz. Trotzdem sagen sie kann man mit ihren Methoden ganz hervorragend durch die Turbulenzen navigieren. Nun wenn das möglich ist, dann müsste es doch auch möglich sein, die Ursache-Wirkungsbeziehungen nach folgendem Muster zu erläutern.

    Navigieren ohne Schlussfolgerungen aus Indikatoren macht keinen Sinn.

    • F. Malik

      Sie haben in gewisser Weise schon Recht, Herr Ludwig. Die relevanten Indikatoren liegen aber nicht ausserhalb, sondern innerhalb des Marktes. Ein von innen vermorschtes System braucht keinen äusseren Anlass um zu kollabieren, ja es braucht überhaupt keinen Anlass. Es ist sein allgemeiner Vermorschungszustand, der es kollabieren lässt.

      Und umgekehrt auch. Wenn ein Autorennfahrer an die physikalischen Grenzen kommt, dann braucht es keine äussere Ursache, um den Wagen aus der Bahn zu werfen. Der gute Fahrer spürt es am Auto selbst, wann es instabil zu werden beginnt. Weil die meisten Menschen aber so konditioniert sind, dass sie nur in linearen U/W-Zusammenhängen denken können, nehmen sie das nächstbeste plausible, externe Ereignis und schreiben diesem Ursächlichkeit zu.

      • Ropeka

        Sehr geehrter Herr Prof. Malik,
        zunächst möchte ich mich einmal geanz herzlich bedanken bei Ihnen und den werten Blogteilnehmern. Ich habe in den letzten Monaten, seit dem ich mich hier informiere, viel dazugelernt. Die Sicht der „österr. Lehre d. Ökonomie“ v. Hayek u. Mises haben mich bis dato sehr geprägt und so war die Aufblähung der Geldmenge für mich ein „Inflationsszenario“.
        Was mich aber umtreibt: Die deflatorische Spirale wird sich tief in unsere Wirtschaft bis in die (fast) letzte Familie drehen.
        Sehen Sie nicht hier eine unglaubliche Gefahr für gesellschaftliche Fehlentwicklungen?

        • F. Malik

          Das freut mich, Herr Katzer. So erfüllt mein Blog, zusammen mit seinen TeilnehmerInnen, seinen Zweck.
          Die Deflation und die damit einhergehende Depression ist die ganz grosse Gefahr für die Gesellschaft. Sie ist von den sogenannten Fachleuten, den Mainstream-Ökonomen, in verantwortungloser Weise unerkannt geblieben. Als ich in den frühen 1990er Jahren erkannt habe, dass diese Gefahr sich wie ein Tsunami entwickelte und darüber regelmässig publizierte, haben das erst wenige verstanden. Daraufhin entwickelte ich auch die nötigen Tools, meine Syntegrations-Verfahren, die die Kraft haben, erstmals in der Geschichte die Abwärtsspirale zu brechen. Gerade heute habe ich das einem US-Senator erklärt, der sehr interessiert ist.

      • W.Pfeifenberger

        Positive Rückkoppelungsprozesse und der deflationäre Prozess ist ja kybernetisch gesehen ein solcher, da seine Folgen als Ursachen wieder ins System zurückgespeist werden, sind ziemlich unempfindlich gegen äußere Störungen. Durch hohe private und staatliche Verschuldung weltweit, massiven Anleihenankauf und Niedrigzinspolitik vieler Zentralbanken ist die Atmosphäre extrem aufgeladen. Wahrscheinlich war die Entfernung zum Gleichgewichtszustand in der Wirtschafts-und Finanzwelt noch nie so groß. Daher können wir eine ungeahnte Dynamik erwarten, wenn die deflationären Rückkoppelungsprozesse Fahrt aufnehmen. Gespenstisch ist allerdings, dass außer ein paar „Debitisten“ keiner begreift, was da eigentlich passiert.

      • Brummer, Birgit

        Sehr geehrter Herr Prof. Malik, diese Beispiele geben bestimmt vielen eine Erklärungshilfe, sie sind plakativ. Mir fiel bei Ihrem
        Begriff Vermorschungszustand ein, dass die Opposition nun einen weiteren Balken, der gerade noch trägt, opfern will: Den Mittelstand. Die Steuerpläne, ab 60 Tsd. zähle man zu den Wohlhabenden, ist so katastrophal für den Standort D. Aber wer
        klatscht? Die vielen, die so wie so wenig zur Entwicklung beitragen.
        Die KMU’s haben es zur Zeit so unendlich schwer, auch bei den Banken, wenn für Innovationen Geld benötigt wird. Wie finden wir
        da wieder heraus? Politiker mal zu Ihnen schicken!
        Zugegeben: es ist für mich schwierig auszuhalten, wie bestimmend Geld ist. Ich hänge dann immer gern bei Ihrer These: Wissen wird wichtiger als Geld. Hoffnungsvolle Grüße Birgit Brummer

        • F. Malik

          Ich freue mich, wenn Sie und möglichst viele andere LeserInnen meinen Blog als Erklärungshilfe verstehen.
          Das ist einer der Zwecke, die ich im Auge habe. Von dort führt ein recht geradliniger Weg zu Lösungen.

  3. Brummer, Birgit

    Nachschub:
    den wichtigen Beitrag der Industrie wollte ich nicht vernachlässigen, aber die haben in der Regel wenig Probleme, Neues zu entwickeln aus eigener Kraft.

  4. Martin Funk

    Sehr geehrter Herr Prof. Malik,
    ich gehöre wie Herr Ludwig zu den ökonmischen Laien.
    Ich habe zwei Fragen mit der Bitte um Beantwortung.
    – Nun habe ich (glaube ich) verstanden, dass die Banken aus einem Euro Eigenkapital x-Euro Kredite zaubern oder andere sagen Geld drucken. Was mir nicht einleuchtet ist, warum faule Kredite den Banken große Sorgen bereiten, da sie nichts verlieren, was sie vorher nicht hatten. Bitte um Erleuchtung.
    – Für die „alte“ und für die „neue“ Zeit muss es primäre Indikatoren geben, mit denen man den der Fortschritt des Verfalls bzw. Aufbaus messen kann. Welche Indikatoren sind dies Ihrer Meinung nach?

    • F. Malik

      Kredit machen ist nicht dasselbe wie Geld drucken. Das wird immer wieder übersehen oder bleibt unverstanden. Jeder Kredit wird in irgendeiner Weise besichert. Gedrucktes Geld aber nicht. Geld drucken führt zu Inflation. Kredit schaffen führt zu Deflation. Denn Kredit hat immer einen Schuldner und einen Gläubiger. Die Definition von „faulen“ Krediten ist: Der Schuldner wird nicht zahlen. Also müssen die Banken die Kredite ganz oder teilweise abschreiben, was heisst, sie machen Verluste. Wenn diese entsprechend gross sind, ist die Bank überschuldet und muss Konkurs anmelden. Damit verlieren wiederum andere Gläubiger ihre Forderungen. Das kann zu einer Kettenreaktion führen – was wiederum die Deflation verstärkt.

      • Max Gmür

        Was ist der Unterschied zwischen Inflation und Teuerung? Eigentlich müssten Güter gleichen Inhalts immer günstiger werden (Lernkurve, Economy of Scale), ausser wenn die Ausgangsrohstoffe immer knapper werden, wobei dann ja substituiert wird. Teuerung gibt es also eigentlich gar nicht, nur Inflation?

        • F. Malik

          Diese Kräfte stehen in Wechselwirkung. Die Lernkurve führt zu Stückkostensenkungen, aber wenn gleichzeitig das Angebot sinkt, kann der Preis noch stärker steigen als die Kosten sinken, u. a. auch deswegen, weil dann auch die Lernkurve weniger spielt, denn diese ist von der kumulierten Produktionsmenge abhängig. Die Substitution spielt dann nochmals hinein, sodass die Sache recht komplex wird.

      • Max Gmür

        Was ist der Unterschied zwischen Inflation und Teuerung?

        • F. Malik

          Das ist dasselbe. Aber aufgepasst: Nicht jede Preissteigerung ist Inflation. Wenn der Ölpreis steigt, weil es weniger Öl gibt, ist das keine Inflation. Wenn die Löhne aber gleichzeitig so steigen, dass der Anstieg des Ölpreises ausgeglichen wird, ist es Inflation.

      • Max Gmür

        Lässt sich die Qualität eines Pfandes quantifizieren? Ist es der Buchwert eines Hauses? Der Ertragswert des Bodens? Wie hoch ist der Pfandwert von immateriellen Werten wie Marken und Patenten?

        • F. Malik

          Der Wert eines Pfandes ist das, was bei einer Verwertung des Pfandes als Preis dafür bezahlt wird. Je nachdem kann es auch Null sein.

      • Max Gmür

        Führt Kredit schaffen per se zu Deflation oder nur bei ungenügender Pfandqualität?

        • F. Malik

          Dann wenn viele Schuldner nicht mehr zahlen und die von ihnen hinterlegten Sicherheiten nicht genügend hoch verkauft werden können.

  5. TG

    Wunderbar zu sehen, wie hier (immer wieder) der Brückenschlag zwischen der Kybernetik und der Gegenwart geschlagen wird.

    Fast exakt im Geiste von Gregory Bateson:
    „Wenn aber kausale Systeme zirkulär werden, dann kann eine Veränderung in irgendeinem Teil des Kreises als Ursache für eine spätere Veränderung in irgendeiner Variable irgendwo in dem Kreis angesehen werden.“ (in: Geist und Natur)

    Eine vertiefende Frage aus reiner Neugierde an Herrn Malik: Wie weisst man nach, dass Börsen von äusseren Ereignissen unabhängig sind – ich vermute, die Unabhängigkeit bezieht sich auf die grossen Züge, während Nachrichten im Tages- oder Wochenverlauf schon Einfluss haben. Dies sind aber dann vermutlich untergeordnete „Störungen“, so wie der Seitenwind bei der Autobahnfahrt den LKW auch nicht von seiner inneren Dynamik wirklich vom Weg abbringt.

    • F. Malik

      Man kann das insofern nachweisen, als man zeigen kann, ob die Kurse schon vor der Nachricht oder erst danach gesunken sind. Aber Sie haben recht mit Gregory Batesons Zitat. Kausalität verliert ihre Bedeutung in kybernetischen Systemen. Es bleibt aber das Problem, dass von Personen, die mit der Kybernetik nicht vertraut sind, dies nicht erkannt wird, sondern dass diese monokausal Ursache und Wirkung zuordnen. So kommt es dann, dass man glaubt, dass die Aussagen eines Notenbankchefs die Kurse beeinflussen würden.

  6. Michael Frahm

    Sehr geehrter Herr Prof. Malik,

    die verschiedenen Ansichten wurden oben stehend skizziert. Welche kybernetische Lösungsstrategie schlagen sie nun für den Europäischen Markt vor?

    Viele Grüße

    M.Frahm

    • F. Malik

      Eine grosse und tiefgreifende Reform so gut wie aller Organisationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Ineffizienz sogar vieler Wirtschaftsunternehmen ist unfassbar, vom öffentlichen Bereich ganz zu schweigen. Das liegt aber nur selten an der Unfähigkeit der dortigen Führungskräfte, sondern es liegt daran, dass unsere Organisationen nicht für Komplexität, Vernetzung und Dynamik geeignet sind, etwa so wie Holzflugzeuge nicht für Stürme geeignet sind oder Pferdefuhrwerke nicht für den heutigen Stadtverkehr. Nicht nur kommen sie selbst nicht voran, sondern sie halten alles auf. Eine solche Reform ist mit den Tools aber möglich, die ich entwickelt habe. Daher steigt auch das Interesse daran.

      • Michael Frahm

        Die Fragen, welche sich mir in diesem Zusammenhang stellen, sind:

        • Wie kann man die Komplexität dieser Systeme praktisch steuerungsfähig machen?

        • Wie müssen diese System strukturiert sein, damit man sie steuern kann?

        • F. Malik

          Etwas zu grosse Fragen für einen Blog. In meinem Buch über Unternehmenspolitik, Band 2 meiner Reihe „Komplexität meistern“, Untertitel „Wie Organisationen sich selbst organisieren“, stehen die Lösungen. Sie werden dort die meisten Antworten finden.

  7. Niall Ferguson

    Few issues in economics are more susceptible to political misrepresentation than exchange rates. The past few days have provided another perfect illustration of this point.

    On Tuesday, in response to pressure from Shinzo Abe, the country’s new prime minister, the Bank of Japan voted to increase its inflation target from 1 to 2 per cent and to hit that target “at the earliest possible date”. To that end, starting a year from now, the BoJ will buy Y13tn ($140bn) of mostly short-term government debt each month.

    The Japanese move triggered a flurry of warnings of an imminent “currency war”. Alexei Ulyukayev, first deputy chairman of Russia’s central bank, led the charge, closely followed by Jens Weidmann, Bundesbank president, and Bahk Jae-wan, South Korea’s finance minister.

    • F. Malik

      Yes, you are right. With few exceptions, bankers around the world respond to each others‘ action within the framework of an outdated economic paradigm, basically a mechanistic unidimensional monocausal model. Now, let us wait what the currency markets will really do. My present position is that the Japanese efforts to ignite an inflation under globally deflationary conditions will badly fail as it would in other countries. Japan appears to be in outright desperation since none of over a dozen huge economic stimulation programs so far has worked out.

  8. Jürgen Clasen

    Meine schlimmsten Befürchtungen werden weit, weit übertroffen.

    http://www.n-tv.de/wirtschaft/Irische-Banker-lachen-ueber-Staat-und-Kunden-article10887536.html

    Wunderbar, wie die Retter letztlich verhonnepippelt werden.

    Wie erwartet, reagieren die Börsen auf diese mehr als üble Geschichte nicht. Window Dressing zum Halbjahresultimo.

    • F. Malik

      Lieber Herr Clasen, vielen Dank für diesen Link. Unerhört, und nur einer von vielen Fällen …

  9. Koppe

    Anbei ein Kommentar von einem Handelsblatt Reporter aus China mit dem Charakter „ist doch alles nicht so schlimm mit den Schulden“ – verrückt! Aber lesen Sie selbst…

    http://blog.handelsblatt.com/handelsblog/2013/07/03/wir-sind-nich-bei-aliens-verschuldet/

    • Herbert Saurugg

      Möglicherweise sind wir zu pessimistisch in der Sprache, das mag durchaus sein. Aber aus meiner Sicht weißt der Blog doch einige Angriffspunkte auf … alleine schon das Wachstumsparadigma.

      Natürlich wird es auch weitergehen und wir werden wieder Lösungen finden. Veränderungen brauchen aber auch immer Instabilität – und die Frage ist, sind wir darauf vorbereitet? Eher nicht, den unsere lineare Wohlstandsgesellschaft ist gewohnt, die Vergangenheit linear fortzuschreiben und den Rest auszublenden. Keine wirklich gute Basis für den Umgang mit Turbolenzen.

  10. Jürgen Clasen

    Freitagabend. Zeit für eine Stellungnahme zu den Ereignissen der Woche.
    Ägypten: Wünschenswert wäre eine Einschätzung von Prof. Heinsohn. Er kennt doch die Fundamentaldaten dieses Landes genau. Reproduktionsrate, alle 9 Monate kommen 1 Million neue Kinder dazu. Ein rückständiges islam-orientiertes Land kann die Herausforderungen, die damit verbunden sind, niemals auch ansatzweise bewältigen.
    Märkte: Meine Lupe, Faktorzertifikate, die das Geschehen überzeichnen, sollen mir helfen, als frühen Vogel, den Wurm zu fangen. Sie sagen mir, der
    DOW steht an einem Wendepunkt. Und so habe ich einen sehr vorsichtigen Kauf
    vorgenommen, wie auch zuvor beim Silber, Kupfer und beim DAX. Das Gold der Schwiegermutter, von dem sie sich partout nicht trennen will, habe ich gleichfalls erfolgreich versichert. Lehnen sie sich nicht zu weit aus dem
    Fenster! Operieren Sie nur mit Minipositionen! Kaufen die nicht sofort
    nach! Lassen Sie den Dingen Zeit! Gut Ding muss Weile haben! Nicht alles
    was Sie anfassenm, wird in die richtige Richtung laufen. So isses nun mal.

    Schönes WE!

    • Peter Koch

      Hallo Herr Clasen, Ihren Eintrag habe ich leider erst jetzt gelesen. Eine Einschätzung von Prof. Heinsohn vom 13.06. zur Situation Ägyptens, also noch vor der Absetzung Mursis, finden Sie hier:
      http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/aegyptens_kommende_nilschlacht
      Viele Grüsse
      Peter Koch

    • Hans A. Alber

      Werter Herr Clasen,

      Ich schaetze Ihre Kommentare in der Sache und im Duktus ungemein, Sie haben eine unnachahmliche Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen.
      Sie bereichern diesen Blog und sind die ideale Ergaenzung zu Prof. Malik. Zusammen mit Ihm machen Sie diesen Blog zu einem Pflichtkurs fuer Oekonomische Autodidakten wie mich.

      Neben den Buechern von Herrn Malik hat mir das schon so viel gebracht, dass ich mich auf Augenhoehe (oder fast) mit studierten Kaufleuten fuehle. Manchmal haben die auch erschreckend wenig Ahnung habe ich in letzter Zeit mehrfach die Erfahrung gemacht.
      Ein Ingenieur und Handwerker, der sein Gehirn zum Denken nutzt, versteht vieles besser als die Oekonomen.

      Danke fuer den interessanten Kurs in oekonomischem Verstand, den ich jede Woche einmal hier absolviere – nein, geniessen darf.

      Vielen Dank und Gruesse,

      H.A.A.

      • Jürgen Clasen

        @Hans A. Alber, wenn ich so gelobt werde, kriege ich rote Ohren…
        Vielleicht nochmal eine interessante Betrachtung zum WE.
        Die Versorger galten noch vor wenigen Jahren als Witwen- und Waisenpapiere. Wenig inneres Risiko, beachtliche Dividenden. Nun,
        wir wissen, das diese Sache keinen Bestand hatte. Viele Vorsorger
        sind kursmäßig völlig auf den Hund gekommen. Wenn ich mir die Charts von RWE und e.on ansehe,löst das in mir einen Schrei-krampf aus. Die Börsenerklärer haben da auch gleich was zur Hand: Die Strompreise sind beispielslos gesunken… Mist nur, bei meiner Stromrechung kommt das nicht an. Im Gegenteil, regelmäßig kommen „blaue Briefe“ mit mehr als saftigen Preiserhöhungen. Aber auch der Verbund und Energiedienst sind auf der genannten Rutsch-
        bahn unterwegs. Prof. Malik wird auf seine Cashempfehlung ver-
        weisen. Man bekommt mit der Zeit immer mehr Anteile dieser Papiere. Nur, eine RWE rentiert inzwischen mit fast 10%. Wenn sie DEA verticken können sie die Schuldenlast um cirka 2 Mrd runter-fahren. Warum Großmann mit 10 Mrd (!) noch Essent gekauft hat, bleibt sein Geheimnis. Ich bleibe skeptisch. Städte könnten Margins auf ihre beliehenen RWE Aktien bekommen. Deflation…

        • Jürgen Clasen

          Das Bild der Versorger hellt sich auf. In meinen Augen bilden sie eine Art Kaltreserve für einen DAX Anstieg.
          Wie schon aufgezeigt, liegen die Dividendenrenditen zwischen 5 und 10%. Im dem Anleihenmärkten sind solche
          Erträge völlig unrealistisch. So mancher Fondmanager
          könnte jetzt in diesen Sektor umschwenken. Eine RWE
          kostete im Hoch 100 und nun etwa 23. Natürlich wären Margin calls gegen die Städte, die ihre Bestände beliehen haben,verheerend. E.on, Verbund und Energie-dienst sind ähnlich billig geworden. Aus meiner Sicht kann man hier ganz wenig kaufen. < 5% von 100%. Mit 95% bleibe ich in den beschriebenen Aktien mit gesetzlicher Garantiedividende die in diesem Umfeld weiter Freude machen. Ich wünsche allen eine glückliche Hand.Beachten
          Sie, die Risiken sind gewaltig. Eine Microsoft wurde jüngst einfach so um 11 % abgesemmelt. Da gab es aber noch mehr solcher Schocker. Beim Applebaum, liegt eine Menge Fallobst rum. Nochmals, bleibt auf dem Teppich!

  11. Jürgen Clasen

    Wir können die Augen nicht davor verschließen, das gerade in den USA der
    rüstungsindustrielle Komplex, der finanzindustrielle Komplex und weitere
    Organisationen mit der Regierung und dem Kongress verwoben sind und unter
    dem Regime der Lobbyisten so manche Sache angeschoben haben, die wir bis-lang für Märchen gehalten haben. Eine Enthüllung würde in mein Drehbuch passen. Der US-Zyklus gerät in seine Spätphase, wo ihn dann auch noch gleich die Sünden der Vergangenheit einholen könnten. Der alte Schwung ist jedenfalls hin. Die US Adminstration bräuchte eigentlich keine Enthüllung zu befürchten, wenn sie keinen Dreck am Stecken hätte und vieles kommt mir in den Sinn, was ich die schon ewig fragen wollte, aber wegen PC nicht darf. Jandaya: Spionageaffäre: Guardian-Journalist warnt USA. „Die US-Regierung sollte sich jeden Tag hinknien und darum bitten, dass Snowden nichts passiert, denn wenn ihm irgendwas zustoßen sollte, würden alle Informationen enthüllt“, so Guardian-Journalist Glenn Greenwald gegenüber der Zeitung „La Nacion“Medien: Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden verfügt weiterhin über Informationen die laut „Guardian“ zum „Alptraum für die USA werden könnten“.

  12. Jürgen Clasen

    Bernanke dürfte Geschichte sein. Ich glaube nicht, das er diese Woche nutzen wird und seine Spendierhosen auszieht. Also etwa 3 Schritte vor und 2 1/2 Schritte zurück. Er will seine Nachfolgerin nicht ins Handwerk pfuschen. Nachdem der oftmals unberechenbare Summers von der Bahnsteig-kante zurückgetreten ist, darf jetzt wohl Yanet Yellen die Lokführerin spielen. Und die Märkte feiern diese Änderung vorab. Sie sind sich sicher, das die gute Yanet mehr Kohle ins Feuer wirft und den Kesseldruck noch-mals erhöht. Ich werde meinen Friseur beim nächsten mal fragen, was er von Aktien hält…

    • Jürgen Clasen

      Oh weia, Benni spielt Beamtenmikado… bloß nicht bewegen…
      Nun können wir zu recht annehmen, das die Erholung nicht so dolle ist, wie
      propagiert. Andererseits überläßt er seiner Nachfolgerin die Probleme…
      und schreibt sich als Big Spender und Krisenbewältiger in die Geschichts-bücher ein. Verschwindet danach im Elfenbeinturm einer Uni. Janet baut darauf, das einer immer noch geht. Greenspan, Bernanke, Yellen eine Linie.
      Die Frage ist, ob die Bilanz der FED endlos aufgeblasen werden kann. Im Prinzip ja, denn sie muss nicht nach Marktwerten bilanzieren und kann insgesamt ihren hohlen Status damit auf „ewig“ verschleiern. Vor dieser Ewigkeit könnten aber die Anleger darauf kommen, das diese unendliche Geschichte nicht glaubhaft ist. Alle, restlos alle, von Ost nach West und von Nord auf Süd haben die Buxe voll vor diesem Tag. Bloß nicht nachfragen, bloß nicht rechnen, der Drache könnte aus seiner Höhle kommen und alle verschlingen. Allerdings mit der FED Bilanzsumme, geht auch die Markt-kapitalsierung der Aktien im Gleichschritt nach oben. Dennoch bleibe ich dabei. Bei Höchstständen hat sich das selten ausgezahlt. Die letzten, die auf diesen Karren aufsteigen, beissen die Hunde.

      • F. Malik

        Es ist gut möglich und eher wahrscheinlich, dass die Erholung nur kurz dauert und auch nicht sehr viel weiter geht. Situationen wie diese gab es schon mehrfach in unterschiedlichen Konstellationen.
        Mir scheint, dass die FED sich bewusst ist, dass die US-Wirtschaft real in schlechtem Zustand ist und hat deshalb auf die Zinsänderung verzichtet. Die Finanzwirtschaft kennt aber den Realzustand weit weniger, bzw. will diesen lieber nicht wahrhaben und spielt daher mit ihrer eigenen Logik „Gipfelsturm“.