Zinsen steigen, Bonds sinken

F. Malik am Sonntag, 16.06.2013 um 18:51 Uhr
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Innerhalb weniger Wochen sind die US-Bonds zum Teil dramatisch gesunken – und dementsprechend die Zinsen gestiegen. Das ist ein klares Deflationssignal.
Entgegen der allgemeinen Meinung dürfte damit die langanhaltende Periode niederiger Zinsen zu Ende sein. Verweise auf die US-Notenbank und ihre Niedrigzinspolitik halten nicht stand, denn Zinsen werden nicht von den Notenbanken gemacht, sondern am Markt. Die Notenbanken ziehen dann lediglich nach, was sich auch beweisen lässt.

Im Durchschnitt sind Funds mit US- Treasury Bonds um fast 7% gefallen. Einer der bisher am besten gemanagte PIMCO-Fund für Corporate Opportunities ist um 13.5% gefallen. Innerhalb kürzester Zeit sind damit die Zinserträge vieler Jahre wieder verloren.

In einem NY Times-Artikel schreibt ein Kommentator über die totale Überraschtheit der Experten und über die Unerklärlichkeit solcher Bewegungen. Diese sind aber alles andere als „unerklärlich“, wenn man die Deflationstheorie kennt. Mit den altbackenen Ökonomie-Theorien kann man allerdigs nicht klar genug sehen.

Gold ist um 1/3 von den Höchstkursen gefallen; Silber um die Hälfte.

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23 Kommentare

  1. Seb

    Warum ist es ein Deflationssignal, wenn die Zinsen STEIGEN? Ich dachte es ist eher andersrum, die Zinsen steigen wegen der Inflation – oder werden von der Zentralbank hochgesetzt um die Inflation zu bekämpfen…

    Je mehr ich darüber lese, desto verwirrte werde ich.

    • F. Malik

      Das ist ein weit verbreiteter Irrtum – auch unter Ökonomen.
      Die Bond-Holder verkaufen ihre Papiere, weil sie das Vertrauen verlieren, dass die Schuldner noch zahlungsfähig sein werden. Wenn der Kurs fällt, steigen rechnerisch automatisch die Zinsen, egal was die Notenbanken tun.
      Diese reagieren immer dem Markt hinterher, was man gut zeigen kann.

  2. Karl Heinz Schery

    Sehr geehrter Herr Prof. Malik,
    was ich noch nicht verstehe, warum Zinsen nicht von den Notenbanken sondern am Markt gemacht werden. Haben Notenbanken auf die Zinshöhe in Wirklichkeit keinerlei Einfluss?

    • SD

      Kleine Anmerkuung: Bei den Zinsen der Notenbank handelt es sich, um solche die für den Interbankenmarkt, zur Refinanzierung der Geschäftsbanken, relevant sind. Welches Zinsniveau sich auf den Finanzmärkten und deren Produkte einstellt wird von den dort tätigen Marktteilnehmern ausgehandelt (was nicht immer ganz legal ablaufen muss, soviel zur Theorie der freien, selbstgeregelten Märkte). Beispiel, sehen Sie sich doch mal die Dispozinsen für Ihr Girokonto an, die liegen sicherlich weit entfernt von den Refinanzierungszinsen der Geschäftsbank. Wäre der Notenbankzins anzusetzen, würde es anders ausehen. In der praxis haben Sie den Geldkreislauf zwischen Notenbank und Geschäftsbank und einen an dem wir Ottonormalverbraucher teilnehmen. Liebe Grüße SD

      • F. Malik

        Das ist einer der Gründe, weshalb der allgemeine Glaube falsch ist, die Notenbanken würden den Zins bestimmen. Es stimmt aber auch im erweiterten Sinne nicht, als auch im Verkehr zwischen Notenbanken und Geschäftsbanken die Marktzinsen den Entscheidungen der Notenbanken so gut wie immer vorauslaufen. Es gibt dafür recht interessante Untersuchungen.

    • F. Malik

      Ja, so ist es. Sie können zwar immer wieder kurzfristig Turbulenzen auslösen, wenn sie etwas ankündigen, aber zumeist laufen Sie dem Markt hinterher.
      Vielleicht finde ich dazu noch ein passendes Chart.

      • Ropeka

        Sehr geehrter Herr Prof. Malik,
        ich kann das nicht ganz nachvollziehen: Durch den Ankauf von Staatsanleihen haben doch die Notenbanken die Renditen z. Bsp. von spanischen und italienischen Anleihen gedrückt. Ein Marktmechanismus müsste doch deutlich höhere Aufschläge einfordern.
        Zur Deflation: Die Grundtendenz und deren Kausalität ist mir schon klar, allerdings werden durch Allokationsumschichtungen immer wieder neue Blasen aufgepumpt. Momentan profitieren einige Aktienmärkte.
        Ich denke, solange die EZB und alle Notenbanken als Retter der letzten Instanz auftreten (die können ja aufkaufen bis zum geht nicht mehr) kann es u. Umständen noch Jahre „dahinsiechen“.

        • F. Malik

          Die derzeitigen Preisbewegungen an den Aktien-Börsen sind das vorläufige Ende von Aktienblasen – ausser in Asien vielleicht. So ist es auch in den Edelmetallen und vielen Rohstoffen. Temporär gibt es zwar immer wieder Sonderbewegungen, an den grossen Linien ändert das wenig. Immer mehr Obligationenschuldner geraten in Zweifel, ob sie ihre Schulden jemals bezahlen können. Daher verkaufen immer mehr Menschen ihre Papiere, dadurch sinkt der Preis und es steigen die Zinsen.

  3. Jürgen Clasen

    Die Schwerkraft verzerrt den Raum. Die Notenbanken verzerren die Zinslandschaft ähnlich und zwar erheblich! Zwar sind die Bondholder so frei die Rückzahlungsfähigkeit selbst zu beurteilen und danach zu handeln. Dann kommen die besagten Notenbanken ins Spiel und kaufen den ganzen Mist auf. Gleiches geschieht über die Rettungsfonds EFSF, ESM. Die Zinsen der PIIGS wären also sehr viel höher ohne diese Stützen. Die Wahrheit läßt sich zwar einige Zeit vertuschen, aber da immer höhere Mittel für dieses miese Theater eingesetzt werden müssen, steht eben das bittere Ende noch aus.

  4. CP Seichter

    Laut einem Bericht der KfW geht die Kreditnachfrage erneut zurück: http://nachrichten.finanztreff.de/news_news.htn?id=9113343&sektion=wirtschaftpolitik
    Das bestätigt Ihre Thesen der Deflation: die Notenbanken können das Geld zwar drucken, aber ohne Kreditnachfrage kommt es nicht in den Umlauf. Was fehlt sind wirkliche Innovationen, die die Kreditnachfrage der Realwirtschaft anfeuern…

  5. Jürgen Clasen

    Was hat eigentlich Bernanke gestern gesagt? Nun,so genau kann man das nicht
    wissen. Schachtelsätze, Verklauselierungen, alles außer Klartext. Nur Gold
    und Silber haben begriffen was angesagt ist. Aus meiner Sicht jetzt auch Kupfer das die 7000 ter Marke gerissen hat und ähnlich wie die edleren
    Schwestermetalle Silber und Gold eine große Rutschpartie hinlegen könnte.
    Ich kann eigentlich nur das anbieten, was ich von Bernanke gehört habe und das habe ich schon mitbekommen als er noch kein Wort gesagt hat.
    Ich, Bernanke, könnte der Springleranlage so langsam den Hahn zu drehen, oder vielleicht sogar aufdrehen. Im Grunde nichts. Nur diejenigen, die was von der besagten Springleranlage verstehen, sehen, das ein weiteres Aufdrehen keinerlei Nutzen oder Wirkung verbreiten wird, weil die Kapazität der Rohre ausgereizt sind oder der Wasserschaden größer sein wird als der Brand. Im Grunde bleibt ihm nur zudrehen. Bis zu dieser Maßnahme hat er sich möglicherweise schon in dem Elfenbeinturm seiner Uni im Emergency Room verschanzt.

    • F. Malik

      Das Notenbankensystem insgesamt wird in der heutigen Form die Krise nicht überleben, die nun erst richtig beginnt.
      Die Fallhöhen so gut wie aller Sachwerte sind enorm, was aber für sich allein genommen noch kein grösseres Probleme wäre, wenn sie nicht auf Kredit hochgetrieben worden wären, für die sie die Besicherung sind. Diese Besicherungsbasis ist allein in dieser Woche schon massiv gesunken.

      • holger albers

        Genauso wie durch eine unendliche Nachfrage der Notenbanken die Zinsen beliebig nach unten manipuliert werden können.Es wird eben alles aufgekauft…

      • holger albers

        Sehr geehrter Herr Malik,
        vielen Dank erstmal für die interessante Plattform die Sie hier geschaffen haben.
        Jetzt zu den Notenbanken: Da diese die Möglichkeit haben aus dem Nichts unendlich viel Geld zu schaffen, besteht ja auch die Möglichkeit 100% aller ausstehenden Staatsschulden in die Bücher zu nehmen und diese entweder dem Staat zu erlassen oder mit Null% zu verzinsen. Das mag ja negative Auswirkungen auf die Währung haben. aber wenn alle überschuldeten Staaten das geschlossen machen könnte das neutralisiert werden. Und das Spiel kann noch um eine Runde verlängert werden. LG HA

        • F. Malik

          Interessant. Warum haben die das nicht längst gemacht?

          • holger albers

            Solange das Spiel mit den alten Spielregeln läuft gab es keinen Grund. Das geht aber bald nicht mehr. Also werden diese einfach geändert. Das ist ja nichts Neues.
            Wo sehen Sie da ein Problem? Gleichzeitig hat man dann Raum die Zinsen wieder etwas steigen zu lassen, das gibt Inflation.
            Besonders positiv für Sparer wie die Deutschen. In den USA müssen dann nur noch die US Haushalte entschuldet werden. Das kann ebenfalls durch einen Schulden schnitt erfolgen. Alle die keine Schulden haben bekommen dann zeitliche begrenze Gutscheine als Ausgleich.Das schafft Nachfrage! Das Geldspiel kann weitergehen. Ohne das es zu einem deflationären Kollaps kommen muss.
            Klingt vielleicht etwas unvorstellbar, aber sind nicht 17 Trillionen US Staatsschulden auch unvorstellbar? LG HA

            • F. Malik

              Wenn Sie die Sichtweise umdrehen und von Deflation statt Inflation ausgehen, dann wird klar, wo das Problem liegt, und warum es durch die Notenbanken gerade nicht gelöst werden kann. Diese sind das Problem, nicht die Lösung. In Südeuropa ist das gut sichtbar, insbesondere in Griechenland. Nichts hätte für die Notenbanken einfacher sein müssen, wenigstens in einem so kleinen Land wieder finanzielle Ordnung herbeizuführen. Statt dessen gibt der IMF heute zu, was für Fehler sie mit dieser Politik gemacht haben. Auch in Japan hat seit 1990 keine dieser Massnahmen gefruchtet.

              • holger albers

                Lieber Herr Prof. Malik, ich gebe Ihnen Recht mit der Deflation, wenn die Dinge so weiter behandelt werden. Dann ist die Inflation bereits dagewesen als das Geld geschaffen wurde und es entsteht Deflation wenn diese Schulden durch Zusammenbrüche verschwinden. Nur es gibt viele andere Möglichkeiten die bisher nicht gespielt wurden, da sie das Vertrauen des Fiat money systems zerstören könnten. Aber Geld solange es die Teilnehmer als Zahlungsmittel anerkennen ist eine Ware. Bringe ich von dieser Ware immer mehr auf den Markt dann inflationiere ich sie. Bzw alles andere was ich damit kaufen kann. Es bedarf nur einer gewissen Kreativität das Geld in Umlauf zu bringen. Das passiert zur Zeit nicht. Aber es ist wie ich oben beschrieben habe leicht möglich. Ich glaube deshalb das es gefährlich ist auf Deflation zu setzen weil es von den handelnden Personen abhängt was passieren wird. Ich habe ein ungutes Gefühl auf einem haufen Papiergeld zu sitzen und zu glauben das dieser mehr Wert wird nur weil die anderen riesigen Mengen an Papiergeld eventuell vernichtet werden. Der Ausgang des Spieles ist völlig unklar. Nur eine gute Streuung des Vermögens kann dabei verhindern das wir falsch liegen

                • F. Malik

                  Die Streuung des Vermögens ist grundsätzlich durchaus richtig, vorausgesetzt Sie haben keine Schulden darauf.

  6. A.I.

    Prof. Richard Werner kommt durch empirische Studien ebenfalls zu dem Schluss, dass die Notenbankzinsen den realen Geschehnissen hinterher eilen und nicht umgekehrt.

    Er schreibt darüber hinaus sehr lesenswerte Dinge über die Rolle der Kreditschöpfung für das Wirtschaftswachstum.

  7. Christian Jordan

    Sehr geehrter Herr Prof. Malik,

    seit langem verfolge ich Ihren Blog und teile die Auffassungen, die mir verständlich sind.
    Gestern gab es im deutschen Fernsehen eine erneute Ausstrahlung einer – aus meiner Sicht – gut verständlichen Dokumentation zur Banken- und Finanzkrise.

    Interessierte Leser finden Informationen zur Sendung unter:
    http://www.arte.tv/de/staatsgeheimnis-bankenrettung/7291880.html

    In der Mediathek der ARD ist die Sendung aktuell noch abrufbar:
    http://www.ardmediathek.de/rbb-fernsehen/dokumentation-und-reportage/staatsgeheimnis-bankenrettung?documentId=17619360

    Mich würde Ihre Meinung zu den in der Sendung dargestellten Inhalte interessieren. Darf ich dazu um Ihre Meinung bitten?

    Es grüßt Sie herzlichst
    Christian Jordan

    • F. Malik

      Danke für diese Hinweise. Im Augenblick kann ich leider aus Zeitgründen nicht die ganze Sendung ansehen. Was ich aber gesehen habe, findet grossteils meine Zustimmung – ist allerdings für Kenner der Materie und daher für viele Blogteilnehmer nicht neu. Lesen Sie insbesondere dazu auch die Beiträge von Prof. Heinsohn. Schumann hat die Zusammenhänge klar und verständlich dargestellt, wie Sie es sagen. Vielen Dank nochmal.