„Vermögensverteilung: Reflexion zur Piketty-Debatte“ von Prof. Dr. Gunnar Heinsohn

Gunnar Heinsohn am Freitag, 30.05.2014 um 13:58 Uhr
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Prof. Dr. Gunnar Heinsohn schreibt am 30.05.2014 in seinem neuen Artikel:

„Besteht eine Nation aus zwei Ehepaaren A und B, von denen jeder Partner eine Million Vermögen hat, besteht zwischen den vier Betroffenen vollkommene Vermögensgleichheit. Betrachtet man diese Nation eine Generation später, gibt es nach einem typischen Bevölkerungsrückgang aufgrund der Geburtenverminderung gerade bei den hochqualifizierten Leistungsträgern nur noch drei Bürger, von denen einer über ein Vermögen von zwei Millionen verfügt, während die beiden anderen jeweils bei einer Million verharren.“

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16 Kommentare

  1. Paul Räther

    Zunächst interessantes. Beispiel. Aber, wenn die vier Vermögen haben, wer hat dann die Schulden?

    • Gunnar Heinsohn

      Verständliche Frage, weil Parabeln halt immer Verkürzungen enthalten. Hier ist an forderungsfreie, aber bepreiste Vermögen gedacht – sagen wir Bauernhöfe.

  2. Nicolas Hofer

    Sehr geehrter Herr Prof. Heinsohn,
    vielen Dank für diesen Hinweis auf den – auch aber nicht nur in diesem Zusammenhang – gerne übersehenen demographischen Faktor (siehe dazu ‚Menschenproduktion: allgemeine Bevölkerungstheorie der Neuzeit‘ oder ‚Söhne und Weltmacht‘).
    Sehen Sie die sogenannte ‚Ungleichverteilung‘ als einen monokausal durch den demographischen Faktor verursachten Umstand?
    Falls nein, welche Faktoren spielen für Sie noch eine Rolle?
    Welche Rolle spielt für Sie die Eigentumsprämie für den Aufbau großer Vermögenspositionen (abgesehen davon, dass es freilich gänzlich ohne Eigentum(sprämie) erst gar keine Vermögenspositionen gäbe)?
    Mit besten Grüßen
    Nicolas Hofer

    • Gunnar Heinsohn

      Die „Reichen“ haben das Geld nicht, sondern können es schöpfen, weil sie Eigentumsprämie aufgeben können fur die Besicherung von Geld für den dadurch gewonnenen Zins (Gläubiger) oder die Besicherung des Kreditkontrakts durch das Pfand des Schuldners für die dadurch gewonnene Liquidität. Nur weil beide Seiten zusätzlich zum Besitz auch Eigentum haben, können ueberhaupt Geldschulden mit ihrem zinsgeborenen Wachstumszwang für den Vermögensaufbau in die Welt kommen. Vom immateriellen Eigentum im Unterschied zum physischen Besitz aber weiss ein Neoklassiker wie Piketty nichts. Dafür mag man ihn schelten. Man darf aber nicht vergessen, dass 95 Prozent aller Ökonomie-Nobelpreisträger Eigentum, Zins und Geld ebenfalls nicht verstehen.

  3. kohlmann

    Also ich wundere mich, wie so eine Studie überhaupt solch ein Aufsehen erregen kann, und wieso Sie Herr Heinsohn, auf den Piketty-Quatsch überhaupt noch antworten! Ihre Darstellung ist völlig logisch, aber das müsste sogar der Durchschnittsbürger ohne Anleitung von vornherein gewußt haben! Trotzdem danke! Mich würde vielmehr freuen, wenn Sie sich öfter zu den wichtigen Dingen äußern würden! Ich frage mich z.B., wieso der Euro heute nicht mehr abgeschmiert ist, nachdem Supermario den vorletzten Köcher aus dem Depot gezogen hat!? Und warum macht man aus einer Standartkrise (2000/2008) nun eine Megakrise? Ich glaube nicht dass diese Leute einfach nur dumm sind!? Gibt es hier politische Gründe? Wird uns ein Krieg (mit Russland) helfen? Sind wir im Jahre 1937 angelangt? Wäre nett wenn Sie dazu was sagen könnten! Liebe Grüße

    • Gunnar Heinsohn

      Das sehe ich nicht anders als Sie. Eine Rezension, die vor allem die neoklassische Fixierung und die daraus erwachsenden Verwirrungen Pikettys offenlegt, findet sich hier: http://www.dissentmagazine.org/article/kapital-for-the-twenty-first-century

      Die Neugier über Vermögensunterschiede ist immer gross und steigt in Krisen. Ich befürchte aber Verwerfungen wie in den 1920er/1930er Jahren keineswegs. Damals marodieren die Jahrgänge 1900-1915, als pro 10 Frauen noch 45 kinder geboren wurden. Heute sind es gerade 15. Die Massen zorniger junger Männer, die ihr Leben für einen gewaltsamen Umsturz riskieren (in roten, braunen oder schwarzen Hemden), gibt es in Europa nicht mehr. Was überhaupt noch an Aggressivität nachwächst, wird Sozialarbeitern und Therapeuten zugewiesen.

      • kohlmann

        .. in Europa werden diese jungen zornigen Männer gut kanalisiert, aber was ist mit südamerika, im nahen osten und in afrika!? wie wird man die bändigen können – ich denke v.a. an nordafrika .. in Europa könnten die zornigen jungen leute allerdings über die neuen medien (internet) trotzdem zu bedrohung werden – ich beobachte bedauerlicher weise, dass differenzen verschwimmen und sich protestler zusammen schließen (egal ob links, rechts, szenen oder mafia), es zählt nur noch die differenz arm reich,, das finde ich bedenklich,, auch in dtl., wo es so gut läuft wie nie wird die unterschicht immer saurer (nicht weil sie ärmer oder arbeitsloser sind als in den 90ern, nein, weil sie sehen dass die schere immer weiter auseinander geht (reichtum ist ja immer ein relativer wahrnehmungsakt)) .. insofern sehe ich in europa schon ein potenzial der zornigen am horizont! viele grüße

    • Paul Räther

      Wieso gehört eigentlich die Frage, ob der Euro mehr abschmiert, zu den wichtigeren Fragen als die Frage, wie eine sozial gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen hergestellt werden kann?

  4. Thomas Moroder

    Sehr pointierte Reflexionen, Prof. Heinsohn!

    Interessant sind die Ausführungen bzgl. Fall und Aufstieg von Asien sowie der extremen Auswirkung der Sklaverei, u.a. auch hier zu sehen:

    http://www.vox.com/2014/4/10/5561608/9-charts-that-explain-the-history-of-global-wealth

    Sie schreiben, dass „Geburtenverminderung gerade bei den hochqualifizierten Leistungsträgern“ typisch ist.. heisst das – salopp und politisch nicht korrekt formuliert – dass die Dummen sich stärker und schneller vermehren?

    • Gunnar Heinsohn

      Das wird oft so gesehen. Ich argumentiere aber seit vielen Jahren gegen diese Sicht. Die staatliche Garantie, jedes nicht elterlich versorgbare Kind menschenwürdig zu finanzieren, zieht ein ganz normales ökonomisches Kalkül nach sich. Wenn Löhne ganz fehlen oder in der Konkurrenz der Arbeitsmärkte geringer ausfallen als die angebotene Versorgung durch den Steuerzahler, wird dieses Ersatzeinkommen eben genommen. Auch ich greife doch nach Geld, wenn es mir auf Augenhöhe offeriert wird und momentan nichts Besseres zu haben ist. Man kann mich dafür scheel anschauen, aber die Ursache meines Verhaltens liegt beim Anbieter und nicht beim Annehmer.

      Allerdings bietet das staatliche Versorgungsangebot einen Lebensweg nur für junge Frauen. Junge Männer koennen nicht durch multiple Vaterschaften an Unterhalt gelangen, weil die Mittel eben an die Mütter und Kinder gehen. Daraus erwachsen in den prekären Vierteln durchaus Probleme.

      • Thomas Moroder

        OK, vielen Dank für die Erklärungen.

        Was halten Sie von „intellectual property“ (IP) als Möglichkeit, neues Eigentum zu schaffen? Bei praktischen allen grossen Firmen-Erfolgen der letzten Zeit ist IP wichtiger als Produktionsmittel u.ä.

        V.a. in Europa haben wir ja nicht viele Rohstoffe, da erscheint geistiges Eigentum als eine der wichtigsten „Ressourcen“ bzw. Form von „Kapital“, die es zu schützen und nutzen gilt.

        Ist diese Form von Eigentum geeignet als Pfand und auch um der Deflation entgegen zu wirken?

        • kohlmann

          ich finde diese Frage ebenfalls sehr interessant und möchte eine Zusatzfrage hinzustellen. ich weiss nicht, ob das überhaupt etwas damit zu tun hat, aber vll. schon … was ist mit den enormen krediten, die studenten und studienabgänger in den usa und anderswo dem staat schulden? wird das in die schuldenquoten mit einberechnet? oder gilt das wie die pensionsansprüche als implizite schuldenlast – da liegt die usa bei knapp 400% des bip habe ich gehört!? lg

          • F. Malik

            Die diversen Schuldenstatistiken sind unterschiedlich zusammengesetzt, und es macht daher Mühe herauszufinden, was enthalten ist und was nicht. Die Students Loans sind eine schwere Belastung für die jungen Leute. Sie gehören zu den am stärksten gestiegenen Kreditarten und blieben lange Zeit unbeachtet.
            Herr Heinsohn kann dazu sicher noch mehr sagen.

            • Gunnar Heinsohn

              Staatliche „student loans“ stellen eine öffentliche Förderungsmassnahme für jahresdurchschnittlich rund 12 Millionen US-Studenten dar. Sie müssen – anders als Stipendien – zurückgezahlt werden und das zumeist über 10 Jahre hinweg in 120 Monatsraten. Ein Privatbankrott, der etwa Kreditkarten-Schulden löscht, befreit nicht von den Schulden aus „student loans“.

              Ende 2012 betragen die ausstehenden staatlichen „student loans“ 864 Miliarden US-Dollar (http://americanprogress.org/issues/higher-education/report/2012/10/25/42905/the-student-debt-crisis/). Rund 150 Milliarden US-Dollar schulden Studenten privaten Gläubigern mit weniger günstigen Zahlungsfristen.

              Die heute rund 900 Milliarden Dollar an staatlich riskierten „student loans“ sind voll ausgewiesene Schulden, also nicht irgendwo im Verborgenen brennende Lunten. Sie gehören nicht zur ausgewiesenen staatlichen Gesamtbelastung von 17,539 Billionen US-Dollar (25-06-2014), sondern sind staatliche Forderungen. Das bedeutet keineswegs, dass es sicher einbringbare Kredite wären. Bei immer mehr Abschlüssen in Orchideen- und Puddingfächern, deren Absolventen womöglich schwer vermittelbar werden, muss man auf Ausfälle rechnen.

              Allerdings geht es beim Eintreiben auch an die Vermögen der betroffenen Eltern, so dass ungebührlich hohe endgültige Ausfälle für Uncle Sam nicht zu erwarten stehen.

  5. Max Gmür

    Von Herrn Heinsohn können wir lernen, dass für einen funktionierenden Markt Eigentum, Zins und Konkursrecht essentiell sind. Deshalb ist folgender Hinweis zum Auslöser der Subprime Krise von 2008 keine Überraschung!

    Other People’s Houses, by Vermont Law School professor Jennifer Taub, provides the clearest, beginning-to-end explanation I’ve seen of what went wrong. And Taub’s beginning is a surprise: A 1993 Supreme Court decision about how bankruptcy law applies to mortgages.

    Hier der gesamte Artikel: http://time.com/money/2905011/how-to-stop-the-next-bubble/

    • Max Gmür

      Die Marktwirtschaft entstand durch einen Rechtsakt (Besitz=>Eigentum). Doch wer schützt heute die Gläubiger? Sind es am Ende die Richter, die uns das Wirtschaften wieder nehmen… Die späte Rache der Sozialisten!