„Hilflosigkeit von Zentralbanken: Warum wird die EZB ihre Hyper-Kredite nicht los?“ von Prof. Dr. Gunnar Heinsohn

fredmund.malik am Dienstag, 23.09.2014 um 15:31 Uhr
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Prof. Dr. Gunnar Heinsohn schreibt am 21.09.2014 in seinem neuen Artikel „Hilflosigkeit von Zentralbanken“:

„Die Vierjahreskredite der EZB zum Stichtag 18. September 2014 greifen nicht. Statt der erwarteten 200 Milliarden Euro beanspruchen insgesamt 255 Banken von dieser Offerte nur 83 Milliarden. An diesen einmaligen Weltwunderkredit zu einem Zins von 0,05 Prozent ist nämlich die Bedingung geknüpft, dass die Banken das Weiterverleihen dieses warmen Segens an Firmenkunden der „Realwirtschaft“ unter Beweis stellen oder ihn bereits nach zwei Jahren zurückzahlen müssen. Auch der Minuszins von 0,2%, den die EZB für bei ihr geparkte Übernachteinlagen der Geschäftsbanken mittlerweile einbehält, erweitert deren Ausleihungen an Firmenkunden nicht. Zähneknirschend schlucken sie lieber den Verlust.“

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35 Kommentare

  1. Stefan Ludwig

    Mich interessiert, ob es nicht einen Wirtschaftsjournalisten gibt der Draghi einmal interviewen würde um ihm kritische Fragen zum Vorgehen der EZB zu stellen und ihn mit den Erklärungen der Nichtwirksamkeit nach Eigentumsökonomik konfrontiert. Um dann Draghi zu bitten er möge zu den Argumenten einmal Stellung beziehen.

    • F. Malik

      Kein ZB-Präsident würde auf Fragen dieser Art Antworten geben …

  2. Jürgen Clasen

    Das verflixte daran ist, das ich immer wieder von untadeligen Unternehmern mit bewährtem Geschäftsmodell und auskömmlicher Marge, sowie guter Auftragslage, höre, man bekäme keinen ordentlichen Kredit mehr zu annehmbaren Konditionen. Die andere Seite der Medaille zeigt, freigiebige Banken, die in Osteuropa und Club MED das Geld nur so rausschmeißen oder
    rausgeschmissen haben. Aktuell sieht man bei der Raiffeisen Bank International (RBI) das diese Praxis sich nicht auszahlt. 50 bis 500 Millionen Euro Verlust und ich würde mich nicht wundern, wenn es eher 500
    Mios werden. Immerhin hat die Börse das mit 10 % minus quittiert. Die Hypo Alpe Adria hat es noch ärger getrieben und AT muss dafür bluten. Es sieht
    für mich so aus, als wenn man mittelständige Betriebe am ausgestreckten Arm
    verhungern lässt. So sind auch alle Rettungsschirme, EFSF, ESM und künftige ABS Käufe, reine Instrumente diese miese Praxis zu vertuschen. Die Banken haben, statt den eingangs erwähnten inländischen Unternehmern Geld an die Hand zu geben, Zwielichtiges finanziert und lassen uns die Rechnung dafür bezahlen. Eine Abrechnung mit diesen Bänkstern steht weiterhin aus. S&P kriegt schon vor der AfD das schlottern.

  3. A.I.

    Da frage ich mich, inwiefern in diesem Zusammenhang die Dynamik der Schuldendeflation eine Rolle spielt.

    Schließlich müssen in einer Volkswirtschaft stets Schulden bedient werden. Steigt der Schuldenstand an, so erhöht sich der Anteil der Konsumentenkaufkraft, der für den Schuldendienst aufgebracht werden muss.

    Dies zieht Kaufkraft für die eigentlichen Wirtschaftsgüter ab. Die Nachfrage muss dadurch sinken, mit allen deflatorischen Folgen.

    Dies wäre womöglich eine komplementäre Sicht der Vorgänge, im Kontrast zur Sicht, die von vorhandenen Pfändern und Verschuldungsfähigkeit ausgeht.

    Inwieweit spielt der Abfluss von Nachfragekaufkraft in den Schuldendienst eine Rolle für die Eigentumsökonomik?

    • F. Malik

      Antwort von Gunnar Heinsohn:
      Angenommen, die von Geschäftsbanken abgerufenen 83 Milliarden – auch wenn sie dann schon nach zwei Jahren zurückgezahlt werden müssen – gingen zu 100 Prozent in das Ankaufen von Staatsschulden, gibt es bei der Differenz zwischen 0,05 Prozent Zentralbankzins und – sagen wir – 3 Prozent Ertrag auf Südschienen-Papiere bei zwei Runden mit Einjährigen gut was zu verdienen. Zugleich haben die Regierungen hier und heute 83 Milliarden zur Verfügung, die als Kaufkraft wirken bzw. das deflationäre Drosseln der Kaufkraft um 83 Milliarden noch einmal in die Zukunft verschieben.

      Der 3-Prozent-Ertrag für die Geschäftsbanken (einmal eine problemlose Tilgung der Einjährigen durch die Regierungen unterstellt) aber bewirkt in jedem Fall eine Erhöhung der Staatsschuld der Südschiene-Regierungen, die das Geld für die zu erbringenden 3 Prozent auf ihre Schulden ja nicht aus laufenden Einnahmen nehmen können. Im Ergebnis kommt es – durch mehr Steuern und/oder das Streichen von geldwerten Leistungen – zu einer Mehrbelastung der Bürger für die Erfüllung dieser Zinspflichten. Diese Mehrbelastung geht bei ihnen selbstredend als Kaufkraft spätestens dann verloren, wenn die Steuern oder Transferstreichungen anfallen.

      Gleichwohl landen die auf die Staatstitel gezahlten 3 Prozent (minus 0,05% für die Zentralbank) als zusätzliche Kaufkraft bei den Eigentümern der Geschäftsbanken. Die können sie hier und heute durchaus antideflationär einsetzen, indem sie etwa die Preise von Immobilien in IA-Lagen der Metropolen oder die Preise von erstklassigen Kunstwerken Richtung Blasenbildung inflationieren. Das aber nützt den Unternehmen wenig, die Waren für den Durchschnittsbürger anbieten. Für sie bleibt der Druck deflationär. Gunnar Heinsohn

    • Walter Huber

      Ich beantworte das anders. Meine Prognose, z. B. trotz Prof. Malik Infos: es wird 2015 n i c h t s geschehen. Kein Börsen-Crah, keine große Bank die zusperrt, kein Welt-Konzern, der zusperrt. Usw. usw. Nein, EZB wird weiter herumwurschteln, die Börsengeier werden weiter spekulieren. Die Immoblien werden überall weiter oder wieder steigen. Und die Groß-Konzerne werden weiter (Riesen-)Gewinne machen aber weiter Spar-Programme fahren. Und auch die Deflation wird still und unauffällig weiter gehen. In der Ukraine und anderswo wird weiter gekriselt. Und Hr. Obama wird weiter, no we cant agieren. Daher: nichts wird 2015 geschehen. Alle Bosse, Politiker, Bankster etc. werden weiter machen und hauptsächlich sich selbst und ihre Konten im Auge haben. Denn, niemand braucht und will eine wirkliche Krise. Und die globale Vernetzung ist so dicht geworden, dass was alles, von Griechenland bis zur Hypo in Österreich aufgefangen werden kann. Wer es bezahlt ist dabei unwichtig. Noch! Für 2016 bis 2018 möchte ich keine Prognose mehr abgeben. Vielleicht kommt dann doch etwas, das wir noch nicht einschätzen und beschreiben können …

      • Rainer Hesse

        „…es wird 2015 n i c h t s geschehen. Kein Börsen-Crah, keine große Bank die zusperrt, kein Welt-Konzern, der zusperrt. Usw. usw.“
        Sieht ganz so aus.
        Andererseits:
        „Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur ob die Krise früher durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion kommen soll, oder später zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems kommen soll.“
        Ludwig von Mises

        Aber vielleicht ist ja diesmal alles anders? Es hätte doch eigentlich schon vor 12 Jahren knallen müssen.
        Vielleicht ist aber auch nur die Risiko-Toleranz gestiegen, durch stetige Gewöhnung.
        Man kann das „Funktionieren“ des Finanz-Schneeballsystems wohl nur psychologisch erklären.

      • F. Malik

        Lieber Herr Huber, eine klare und prägnante Stellungnahme.
        Besten Dank dafür. Wir werden sehen, wie die Entwicklung sein wird. Je nachdem wird es ja noch einiges zu diskutieren geben.

  4. Ert

    Ich bleibe, wie in vorherigen Beiträgen, dabei das die eigentlichen Ursachen tiefer liegen. „Diese“ Krise die wir jetzt (bzw. schon viele Jahre) haben ist historisch gesehen fundamental anders in dem Sinne, das unsere energetische Basis im Kostensinne nicht mehr expandiert.

    Fremdenergieeinsatz war einer der Produktivitätstreiber (u.a. neben Spezialisierung -> was aber auch wieder zum Komplexitätswachstum geführt hat). Historisch gesehen konnte sich die Menschheit immer bessere/günstigere Energiequellen nutzbar machen (Holz -> Kohle -> Öl/Gas). Nun steht aber der Sprung auf eine noch ‚billigere‘ und ‚verfügbare‘ Energieform/quelle aus und die anteiligen (realen) Kosten bei der Bereitstellung von Öl/Gas, etc. steigen -> Immer mehr Kapital muss aus anderen Bereichen für die Bereitstellung von Energie angezogen werden. Die Effekte sind z.B. bei verfallenden Infrastrukturen zu sehen.

    In solch einer Welt wird natürlich die Expansion und der Schuldendienst für die bestehenden Geschäftsmodelle immer schwieriger. Zudem muss auch die aufgebaute Komplexität bedient werden – wobei ein Rückabwickeln ohne Produktivitätsverlust kaum möglich scheint.

    • Gunnar Heinsohn

      Ich bin pessimistischer; denn was knapp wird, ist Kompetenz, nach der überall die Nachfrage steigt, während weniger von ihr nachwächst. Selbst Dänemark mit der weltbesten frühkindlichen Erziehung registriert einen fallenden IQ (http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-2730791/Are-STUPID-Britons-people-IQ-decline.html). Andere Energiequellen sind vorstellbar, andere Köpfe schwerlich. Ein Beispiel: Als 1972 die westdeutsche Weltführerschaft bei Kameras wegen der innovativen Schlitzverschlüsse aus Japan verlorengeht, hatte der ostasiatische Konkurrent zusätzlich auch geringere Lohnkosten. Heute verdienen Deutsche weniger als Südkoreaner und Japaner und können dennoch die Kameraindustrie nicht zurückerobern. Dafür fehlt weder Energie noch Kredit, sondern das innovative Personal. Dasselbe Argument gilt für Telefone, Tonträger oder Bildschirme.
      Gunnar Heinsohn

      • A.I.

        Eine nähere Recherche des Originalartikels bringt die Erkenntnis, dass die durchschnittlichen Reaktionszeiten gefallen sind.

        Es wird postuliert, dass der IQ mit den Reaktionszeiten korreliert. Mit Sicherheit kann man diese Korrelation mathematisch finden, aber das allein ist noch kein Beweis.

        Aus der Zunahme der Reaktionszeiten schließt man auf die Abnahme des IQ.

        Es hätte mich auch sehr gewundert, denn die Definition des IQ ist ja gerade, dass der Mittelwert dem IQ 100 entspricht, während die anderen Werte die Perzentile angeben. Der IQ ist also ein relatives Maß; IQ-Tests müssen erst normiert werden.

        Der Vergleich alter IQ-Tests mit alter Normierung durch die damalige Bevölkerung mit neuen IQ-Tests mit heutiger Bevölkerung hätte eine ziemlich große methodische Schwierigkeit dargestellt.

        Man muss sich klar machen, dass die Aussage nur dann stimmt, wenn tatsächlich ein hoher IQ eine notwendige und hinreichende Bedingung für eine schnelle Reaktionszeit und ein niedriger IQ notwendig und hinreichend für eine langsame Reaktionszeit sind.

        Es ist aber zugegebenermaßen nicht abwegig zu vermuten, dass jemand, der schnelle kognitve Prozesse hat, auch schneller reagieren kann.

      • Ert

        Sehr geehrter Herr Heinsohn,

        ich sehe die Global-Energetische Frage problematischer als die Frage der Kompetenz. Ressourcen die mit wenig Aufwand (also Energieeinsatz) gehoben werden können sind endlich – menschliche Kompetenz ist irgendwo global vorhanden und ein Ergebnis der jeweils aktuellen gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen.

        Natürlich kann es für Länder die auf massive Energie- und Ressourcenimporte angewiesen sind und dann keine Kompetenz haben schwierig sein durch Außenhandel entsprechende Devisen zu erwirtschaften um den Import benötigter Güter zu bezahlen. Für mich sind das aber Einzelprobleme – die sich insb. in einer Welt mit Ressourcenkrisen verstärken (verg. Uro Bardis ‚Der geplünderte Planet‘ -> neuster Bericht an den Club of Rome)

        Kompetenzkrisen sind meiner Meinung nach ’selbstgemacht‘. Zudem sehe ich in meinem Umfeld wie kompetente Menschen mit technisch-wissenschaftlichen Spezialausbildungen vollkommen blockiert werden da Sie primär organisatorischen Dinge beschäftigen müssen (Rechungsstellung, Budget, ‚attraktive‘ Powerpoints) und keine Zeit mehr ist u.a. mit Teams klare Gedanken zu entwickeln – weil da schon wieder die nächste ‚Sau‘ ansteht.

        • Gunnar Heinsohn

          Wenn „kompetente Menschen mit technisch-wissenschaftlichen Spezialausbildungen vollkommen blockiert werden“ und dann in diesem Umfeld bleiben, können sie die einstige Spitzenstellung im Kamera- oder Telefonbau auch nicht zurückgewinnen. Eine Altgewissheit, dass immer Leute da sein werden, weil – à la Konrad Adenauer – doch immer Kinder geboren würden, geht 1970 unter, als in Deutschland die Nettoreproduktionsrate unterschritten wird. Heute haben wir beim altdeutschen Nachwuchs (zwei Drittel aller Kinder) 30 Prozent, die in Mathematik mangelhaft, ungenügend und noch schlechter abschneiden. Beim Migrantennachwuchs (ein Drittel aller Kinder) liegen fast 51 Prozent im Bereich der Gescheiterten (http://www.pisa.tum.de/fileadmin/w00bgi/www/Berichtband_und_Zusammenfassung_2012/PISA_EBook_ISBN3001.pdf, S. 299). Die Zuversicht, dass die Könner schon irgendwoher kommen werden, sollte noch nachvollziehbarer ausgeführt werden. Gunnar Heinsohn

          • Ert

            Sehr geehrter Herr Heinsohn,

            ggf. bringt dieser Artikel hier: http://www.peak-oil.com/2014/09/peak-oil-lroei-oder-der-unterschied-zwischen-moeglichem-und-sinnvollen/ meine Intention besser ‚rüber‘. In dem Artikel geht es um den “Labor Return of Energy Invested“ (LROEI) im Zusammenhang mit dem EROEI, Grenznutzen, Produktivität, etc.

            Auch die Möglichkeiten einer Gesellschaft zur Vermehrung und zur Ausbildung sind letztendlich nur ein Derivat von der zur Verfügung stehenden Energie. Und das die globale Bevölkerung – u.a. auch die in Deutschland (inkl. Zuwanderung) – deutlich schrumpft wäre angesichts der Folgen von über 7 Milliarden Menschen für den Planeten ein begrüßenswerter Um-/Zustand.

          • A.I.

            Es sind nicht die Spitzenkönner, die Spitzeneinkommen erzielen, sondern die Spitzen-Manager.

            Wobei natürlich auch Management viel Können erfordert, auch wenn es überflüssig ist, das extra zu erwähnen.

            Es ist aber doch etwas anderes, in tiefer Konzentration eine Software zu implementieren, oder eine neue Technologie zu entwicklen, als Management-Entscheidungen zu treffen und zu organisieren.

            Ich weiß auch nicht, ob die deutsche Optik wirklich so schlecht ist. Leica baut weiterhin hervorragende Kameras, Zeiss baut komplizierte optische Geräte, die in Weltraumfahrt, Astronomie und Halbleitertechnik gebraucht werden.

            Schott, Mainz, stellte die Spiegel des europäischen Very Large Telescope her. Das VLT ist absolute Top-Spitzentechnologie. Bekannte von mir arbeiteten am LHC am CERN mit – ein solches Gerät haben weder Amerikaner, noch Chinesen oder Inder zur Verfügung.

            Solche Dinge schaffen Arbeit, aber nur für Wenige. Kameras sind Massenartikel, inzwischen in jedem Handy verbaut. Was soll man da groß innovieren?

            Welches Problem hat der Hobbyfotograf, das durch Innovation aus der Welt geschafft werden könnte?

            Ich vermute, hier ginge die Rückeroberung nur über den Preis.

          • M. Schilchegger

            S.g. Herr Prof. Heinsohn,
            kommt es wirklich auf die absoluten Zahlen an? Ob 30 oder sogar 80 % in Mathematik schlecht abschneiden, ist doch nebensächlich, solange das Niveau für die wirklich Interessierten gehalten werden kann und wesentliche Innovationsleistungen ohnehin wie stets nur von <1 % zu erwarten sind. Genügt Ihrer geschätzten Ansicht nach nicht schon eine "Handvoll" dieser Könner, solange diese (im Unterschied zu vielen anderen Ländern) nur gute Rahmenbedingungen für Innovation vorfinden?

            • Gunnar Heinsohn

              Für das Funktioneren von Organisationen und technischen Systemen ist wichtig, dass in der Breite verstanden wird, was aus der Spitze an Vorgaben kommt. Wer an seinem Platz nicht einschätzen kann, was eine lokale Störung für den Gesamtapparat bedeutet, wird für diesen zum Risiko. Deshalb kommen seit dem 20. Jahrhundert gegen Europa und Nordamerika Nationen nach vorne (vor allem aus Ostasien), die bei den internationalen Schülerwettbewerben (TIMSS, PISA etc.) an der Spitze liegen. Dagegen schneiden erfolgreich auf Distanz gehaltene Konkurrenten aus Südasien, Afrika und Lateinamerika nicht zufällig auch bei diesen Wettbewerben schlechter ab.
              Individuelle Kompetenz und globale Konkurrenzfähigkeit

      • A.I.

        Prof. Heinsohn, ich würde sogar noch stärker in Ihre Richtung argumentieren. Auch neue Energiequellen erschließen sich nicht ohne Fachkompetenz. Einen neuen Typ eines Kernreaktors kann man sich nicht nebenbei im Schuppen basteln, während man hauptberuflich Ziegen hütet. Man muss sich nur einmal den enormen theoretischen Aufwand vor Augen führen, mit dem Turbinen optimiert werden.

        Das erfordert eine mathematische Theorie zur Lösung der Navier-Stokes-Gleichung (die es auch gibt – aber man muss etwas von ihr verstehen, wenn man sie benutzen will), die Implementation hochparalleler Löser auf modernen Parallelrechnern, was auch nicht immer trivial ist.

        Dennoch ist es immer nur eine Handvoll von Leuten, die solche Arbeiten leisten. Das bloße Nachvollziehen von Mathematik und Programmiertechniken ist sehr leicht. Insofern sollte es immer noch genügend Menschen geben, die die Vorarbeiten nachvollziehen können, die besonders begabte Menschen geleistet haben.

    • A.I.

      Eine sehr treffende Charakterisierung… alle Produktivitätsfortschritte sind unter massivem Energieeinsatz erzielt worden, auch die grüne Revolution!

      Nun ist die Frage, was passieren wird, wenn die Phosphatvorkommen aufgebraucht sind, wenn fossile Energieträger immer teurer werden und die Bewirtschaftung großer Agrarflächen mit Maschinen immer teurer wird.

      Ich vermute, dass es eine Renaissance der Kernkraft geben wird. Allerdings plädiere ich für eine andere Bauweise, nämlich MSRs (Molten Salt Reactors). Diese wurden in den 1960ern bereits demonstriert und sind sehr viel sicherer als die heute üblichen Reaktoren, die eine ständige Kühlung erfordern.

      Gleichzeitig können diese Reaktoren bei so hohen Temperaturen arbeiten, dass die Bereitstellung von Reaktionswärme für großtechnische chemische Verfahren quasi nebenbei abfällt.

      Minuspunkt sind aber das hohe Proliferationsrisiko, da sich mit Reaktoren dieser Bauart sehr einfach und effizient waffenfähiges Plutonium gewinnen ließe.

      • Herbert Saurugg

        Eine evolutionäre Weiterentwicklung erfolgt in der Natur durch eine Energiebedarfssenkung – damit werden auch die Abhängigkeiten gesenkt. Ich bin davon überzeugt, dass zum Gelingen der Energiewende dieser Schritt unverzichtbar ist. Eine Energiebedarfsdeckung wie bisher mit einer volatilen Erzeugung ist nicht mit vernünftigen Mitteln möglich. Zugleich geht aus Forschungsarbeiten hervor, dass es bis zu 60% Einsparungspotential gibt, ohne das es zu einem Komfortverlust kommen muss. „Einfach nur“ durch intelligentes Energiemanagement.

        Auf eine Renaissance der Kernkraft würde ich nicht hoffen, bzw. die Mittel eher in Alternativen fließen lassen. Die International Nuclear Risk Assesment Group (www.inrag.org) wird sich nun der Fragestellung „Was für Folgen könnte ein europäisches Blackout auf die Sicherheit von AKWs haben“ annehmen. Die ersten Analysen sind leider wenig rosig. Bereits innerhalb der ersten 24 Stunden gibt es ein beachtliches Risiko, dass es zu einem SuperGAU kommen könnte – in Mitteleuropa! Wollen und können wir uns so etwas leisten?

  5. N. Berning

    Ganz sicher steckt in der aktuellen Großmaßnahme der EZB (momentane) Hilf-losigkeit – aber auch folgendes: eine Begründung für den „Strafzins“, die sich näherer Betrachtung als Nebelkerze, sprich Scheinargument entpuppt:

    Kreditzins + Strafzins = tatsächl. Belastung der GB / Ertrag der ZB

    bis Mai 2014: 0,25% + 0,00% = 0,25%,
    ab “ “ : 0,15% + 0,10% = 0,25%,
    und zur Zeit: 0,05% + 0,20% = 0,25%.

    Wie wir sehen, hat sich hier ‚unterm Strich‘ nichts verändert (das relativ wenige Bargeld lassen wir hier weg); die EZB bzw. ihre Filialen sacken wei-
    terhin 0,25% ein – und das müssen sie auch, wenn sie selbst auch weiterhin liquide bleiben, ihre Sach- und Personalkosten tragen wollen (an den übri-gen früchtetragenden Sachen in ihrer Bilanz dürfen sie sich ja nicht ver-greifen, da diese praktisch an die Euro-Finanminister verpfändet sind), zumal der Bestand an Zentralbankgeld bis zum Mai 2014 von einstmals 800 Mrd € (2012) auf nur noch 30 Mrd. € gesunken war.

    Und damit das nicht so auffiel, wurde dann halt, wie gesagt, die „Banken vergeben zuwenig Kredite“-Nebelkerze geworfen.

    Aber Draghi hat zuletzt gesagt, nun sei Schluss – dann kann’s ja nur noch besser werden;)

  6. A.I.

    Noch einmal vielen Dank für Ihre Darstellung.

    An diesem Wochenende habe ich in einer langen Diskussion mit meinem Cousin die Kreditnatur des Geldes erörtert, und die Phänomene der Asset Price Inflation bei gleichzeitiger Deflation. Vorab möchte ich festhalten, dass Ihr Modell zumindest qualitativ diese Phänomene gut erklärt.

    Es ist tatsächlich wahr, das man etwas besser versteht, wenn man es erklärt. Insbesondere ist mir die Rolle der Kreditbesicherung durch den Kreditgeber (Bank) klarer geworden. Der Sinn bleibt nämlich dunkel, wenn man die Situation zu vereinfacht darstellt.

    • A.I.

      Man denkt immer, ein Kredit sei eine Sache zwischen zwei Parteien. Solange man davon ausgeht, bleibt es unverständlich, wozu die Besicherung gut sein soll. Verständlich wird es erst, wenn man eine dritte Partei hinzunimmt, die durch überregionalen Handel hinzu kommt.

      A und B kennen sich nicht wirklich, aber wollen handeln. A schickt B seine Güter, und B schickt einen Scheck. Nun sei C die Bank, und beide kennen und vertrauen C. A akzeptiert nur deswegen den Scheck von B, weil er weiß, dass C ihn auszahlen kann. C besichert den Kredit von A an B, muss dafür aber Gold auf Seite legen, weil C nie wissen kann, wann A in seine Filiale kommt und sein Gold abfordert. Daher kann C diesen Goldanteil nicht zusätzlich belasten, d.h. er kann mit diesem Gold keinen Kredit z.B. von B an D besichern.

      Durch diese Einschränkung der Verfügbarkeit wird das Eigenkapital von C gebunden. Es ist auch einem Risiko ausgesetzt: A könnte abheben, und B nicht zahlen. Dann wäre das Gold von C für ihn verloren.

      Für diese Einschränkung und das Ausfallrisiko erhebt nun C Zinsen an B.

      Erst durch Hinzunahme zweier Parteien, die sich gar nicht kennen, und C als Kreditmittler wird der Sinn der Besicherung klar.

      • A.I.

        Von dort aus ist es nur noch ein kleiner gedanklicher Schritt zur „fractional reserve“, dem Phänomen des „bank run“ etc.

  7. kohlmann

    Was hat der autor hier an dem phänomen deflation nicht verstanden? http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=15583

    • Gunnar Heinsohn

      Lieber Herr Kohlmann!

      Haben Sie Dank für den Artikel. Wenn Sie ihn noch einmal durchgehen, werden Sie finden, dass der Fall der Preise von Vermögen, die in Eigenkapitalen stecken oder der Geld- und Kreditbesicherung dienen, gar nicht vorkommt. Das kann bei der österreichischen Schule auch nicht anders sein, weil sie – als Zweig der Neoklassik – die Differenz zwischen Besitz und Eigentum nicht kennt und mit ihrer Tauschgut-Sicht des Geldes seine Herkunft aus der unphysischen Eigentumssphäre nicht verorten kann.

      Kreditzerstörende Absenkungen der Eigentumspreise (abnehmendes Pfand- und Besicherungsmaterial) nun können durch fallende Konsumgüterpreise ja nicht wieder hochgetrieben werden. Da für das Verbleiben in der Konkurrenz hingenommene Verluste aus Konsumgüterpreissenkungen aus dem Eigenkapital glattzustellen sind, ist man mit allem Recht beunruhigt, wenn Eigentumspreise und Konsumgüterpreise gleichzeitig fallen. Hier mindern sich die Mittel für den Verlustausgleich und dort nehmen die Verluste zu. Bedenken Sie einmal, wie gerne Sie in einer solchen Zwickmühle stecken würden.

      Herzlich, Gunnar Heinsohn

    • F. Malik

      Ich überlasse die Haupt-Antwort Herrn Heinsohn.
      Die Meinung des Autors halte ich für falsch. Meine Gründe dafür stehen x-fach hier im Blog. Anscheinend will der Autor begründen, dass die Gefahr einer Deflation gering oder sogar nicht existent ist. Sein Fazit lautet: „Für das in Wissenschaft und Medien häufig gemalte Schreckensbild sinkender Preise lassen sich keine belastbaren Belege finden“. Ich sehe das genau gegenteilig.
      Er zitiert auch den folgenden Satz, den er zwar zu widerlegen versucht, aber dabei nicht überzeugend argumentiert: „Ein zweites wichtiges Argument bezieht sich auf die Umverteilungswirkung einer Deflation, in der die Gläubiger gewinnen und die Schuldner real Verluste erleiden“. Das wichtigste Argument aber würde lauten: Die Gläuber verlieren und die Schuldner gehen bankrott.

  8. Gerhard Borchers

    Lieber Herr Prof.Malik,
    mich würde Ihre und Prof. Heinsohn´s Meinung zu diesen Ansätzen eines neuen Geldsystems des ehemaligen Chefvolkswirts der Deutschen Bank interessieren: http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/thomas-mayer-im-interview-der-kapitalismus-auf-dem-weg-in-den-sozialismus/10820474.html.
    Viele Grüße und herzlichen Dank für Ihren so erkenntnisreichen Blog!
    Gerhard Borchers

    • Gunnar Heinsohn

      Lieber Herr Borchers

      Hier finden Sie genauere Ausführungen von mir zu dem von Ihnen angeführten Handelsblatt-Artikel.

      Herzliche Grüße
      Gunnar Heinsohn

    • F. Malik

      Herrn Heinsohns Antwort greife ich nicht vor.
      Für mich selbst enthält der Artikel nichts wesentlich Neues. Die Theorien der drei von T. Müller genannten Ökonomen, von Mises, von Hayek und Schumpeter sind mir bekannt, und sie sind auch interessant. Den Kern des Problems trifft der Artikel aber nicht – nämlich die Deflation aufgrund von zu hohen Schulden.

      • Matthias Gertz

        Ihre Antwort verstehe ich nicht ganz Herr Prof. Malik und ich bin gespannt auf die Antwort von Herrn Prof. Heinsohn.
        Mieses und von Hayek haben doch genau beschrieben, wie das ungedeckte „Papier“-Geldsystem zu exponetiell wachsenden Schulden führt und damit das System zum Einsturz bringt.
        Die Theorie beschreibt damit nach meinem Verständnis sowohl das Problem als auch die Ursache, nämlich das ungedeckte „Papier“-Geldsystem.
        Die Lösung ist danach ganz einfach: Währungswettbewerb.
        Welche Lösung schlägt denn Professor Heinsohn genau vor? Habe schreibt aus meiner Sicht sehr treffend und gut nachvollziehbar die momentanen Probleme der zu hohen Schulden und der Hilflosigkeit der Zentralbanken. Auch das deckt sich doch mit den Vorhersagen von Mises (wenn ich es richtig verstanden habe).
        Also wie gesagt: Ich bin gespannt auf die Antwort von Professor Heinsohn.

        P.S.: Für die, die noch nicht bewandert sind, empfehle ich zum Einstieg in die österreichische Schule einen Überblick beim Mises-Institut (http://www.misesde.org/?p=2142) oder – wer mag – meine eigene Zusammenfassung dazu (https://www.hidrive.strato.com/lnk/5OTvQKZL).

        • F. Malik

          Mit meiner Antwort bezog ich mich auf den von Ihnen empfohlenen Artikel im Handelsblatt. Ich sagte, dass die Positionen von Mises und Hayek mir bekannt seien und Meyer somit für mich keine neuen Aspekte einbringe. Die Österreichische Schule hat wichtige Beiträge hervorgebracht, die leider im Rausch des Keynesianismus weitgehend unbeachtet geblieben sind. Aber erst die Eigentumstheorie von Heinsohn und Steiger hat schliesslich mit einer ganz neuen Sicht des Wirtschaftens einen Durchbruch gebracht. Die Eigentumstheorie ist hier im Blog eines der Hauptthemen. Sie finden die wichtigsten Artikel in der rechten Randspalte.
          Die Antwort von Herrn Heinsohn finden Sie hier.

          • Matthias Gertz

            Danke für Ihre Antwort. Ich lese den Blog schon lange und kenne Ihre Meinung zur Eigentumstheorie und zwar schon länger, als ich die Theorien der österreichischen Schule kenne.
            Ich finde beides sehr nachvollziehbar und nach meinem Verständnis gibt es weitgehende Übereinstimmungen.
            Was mir bei der Eigentumstheorie fehlt ist der Lösungsansatz und der Hinweis darauf, dass unser Zentralbankwesen eine sozialistische Planwirtschaft ist, die wie alle Planwirtschaft nicht funktioniert und zum Kapitalverzehr führt. Der Zins als entscheidender Preis in der Volkswirtschaft wird von Bürokraten statt vom Markt festgesetzt.
            Die Lösung kann daher nur lauten: Zurück zur Marktwirtschaft. Zurück zu Wettbewerb beim Geld. Welche Lösung schlägt die Eigentumstheorie vor?

            • F. Malik

              Prof. Heinsohn hat seine Lösungen hier oft dargelegt. Ich bitte Sie, die entsprechenden Postings bzw. seine Artikel zu lesen.