Einfache Lösungen für komplexe Fragen

F. Malik am Donnerstag, 17.03.2016 um 23:00 Uhr
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Wie geht das? Das geht durch das Nutzen von Komplexität.

Auf den richtigen Umgang mit Komplexität sind erst wenige vorbereitet. Dies zeigt sich daran, dass die meisten Menschen Komplexität reduzieren wollen. Sie sehen Komplexität als etwas Negatives. Auf der Suche nach einfachen Lösungen wenden sie die Strategie der Komplexitätsreduktion an.

Diese Strategie erscheint zumeist als eindrucksvoll praktisch und daher darf man mit Zustimmung rechnen:  Ja, so muss es gemacht werden – Komplexität reduzieren!

Zumeist verwechselt man dabei aber „komplex“ mit „kompliziert“.

Die richtige Maxime heisst: Reduziere Kompliziertheit und erhöhe die Komplexität. Wie der deutsche Biologe Carsten Bresch so treffend sagte: „Alle höheren (biologischen) Fähigkeiten resultieren aus mehr Komplexität!“

Die richtige Strategie für die Neue Welt ist also das Gegenteil der bisherigen, nämlich das Nutzen von Komplexität.

Was viele noch nicht verstehen können: Komplexität ist ein neuer Rohstoff, vielleicht sogar der wertvollste Rohstoff. Denn Komplexität ist das „Grundmaterial“ für Intelligenz, Kreativität, Innovation und Evolution, für Selbstregulierung und Selbstorganisation, wie man sehr gut an biologischen und immer öfter auch an elektronischen Systemen sehen kann.

So können wir statt durch Reduktion von Komplexität nach einfachen Lösungen zu suchen, besser die intelligenten Lösungen finden, indem wir bereits vorhandene Komplexität nutzen. Zum Glück stellt sich dabei oft heraus, dass gerade die intelligentesten Lösungen auch die einfachsten Lösungen sein können – aber die einfachen sind nicht unbedingt die intelligentesten.

Komplexität zu nutzen für intelligente und kreative Lösungen ist eines der grundlegenden Funktionsprinzipien des Neuen Managements.

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11 Kommentare

  1. Stefan Ludwig

    Schön ausgedrückt, aber sehr allgemein bzw. abstrakt beschrieben. Warum?
    Ich bin der Ansicht in der öffentlichen Diskussion wird das Thema Komplexität als Chance nur verfangen wenn man es an leicht nachvollziehbaren Beispielen erläutert.

    Wenn das nicht möglich wäre, wäre es eine Aufforderung zum Einstieg in eine Expertokratie.

    mit freundlichen Grüßen

    Stefan Ludwig

  2. Jürgen Clasen

    Haben Merkel und die anderen Regierungsführer die Komplexität und die Kompliziertheit ihrer Beschlüsse mit der Türkei in der praktischen Umsetzung überhaupt bedacht? In wenigen Stunden lässt sich ein theoretisches Ergebnis erzielen. Jetzt kommt die Lehrzeit. Es geht eben nicht so einfach, wie gedacht. So vermute ich, es wird noch sehr lange dauern bis man praktisch „zu Potte“ kommt. Die geplante „rechtstaatliche“ Rückweisung ist eine Farce: Volksgerichtshof. Die Beschlüsse sind die Ursache für K&K (Kompliziertheit & Komplexität). Meine Vorstellung: Die Beschlussentwürfe müssen rückgekoppelt werden mit der schon vorhersehbaren K&K.

    • F. Malik

      Ganz einverstanden, Herr Clasen. Die Beschlüsse selbst sind es, die die Sachlage kompliziert machen.
      Politik ist schon länger immer weniger eine Lösung als weit mehr das Problem. Aber es liegt nicht an den Menschen, sondern an den Methoden, die sie zu Verfügung haben. Das ist keine Entschuldigung für die Zustände, denn man muss als PolitikerIn eben dafür sorgen, dass man richtig ausgestattet ist.

      • Jürgen Clasen

        Ihnen und Ihren Angehörigen wünsche ich frohe Ostern.

        Nur eine Anmerkung zu Ihren Ausführungen „…denn man muss als PolitikerIn eben dafür sorgen, dass man richtig ausgestattet ist.“

        Es fehlt ein Steuerungsinstrument, das rechtzeitig Fehlent-wicklungen korrigiert. Wahlen im 4- Jahreszeiträumen sind dazu untauglich. In einer Company wird es im allgemeinen durch
        einen Rausschmiss quittiert. Meist aber leider erst nach einer Leidenszeit, weil in der Politik und auch in der Wirtschaft der Grundsatz gilt: §1: Der Vorsitzende hat immer recht. $2: Sollte sich der Vorsitzende mal irren, gilt $1 und ein übliches Bauern-opfer wird dafür gefeuert.

        • F. Malik

          Da stimme ich Ihnen zu. Viele der gesellschaftlichen Institutionen haben fast kein korrigierendes Feedback aus ihrer Umwelt. Kein Wunder, dass sie dahintaumeln. Die oberen Ebenen haben dazu noch meistens wenig Feedback von innen. Schon mit diesen beiden kyberneitschen Einsichten lässt sich vieles erklären bzw. verstehen.
          Auch Ihnen schöne Ostern.

  3. Wolfgang Pfeifenberger

    Erforschung von Komplexität ist eine der spannendsten Aufgaben, die die Gegenwart für uns bereithält.
    Komplexität hat sicherlich eine interne Triebkraft. Komplexität erzeugt mehr Komplexität im Sinne einer positiven Rückkoppelung.
    Es gibt aber auch die seltsame Tatsache, dass es, wie auch immer gearteter Differenzen bedarf, um Komplexität zu ermöglichen:
    Eine der größten Komplexitätszunahmen der Geschichte fand im Kambrium vor etwa 541 Millionen Jahren statt. Aus simplen bakterienartigen Organismen entstanden in relativ kurzer Zeit komplexe Lebewesen. Der Grund war der Anstieg des Gehalts an freiem Sauerstoff im Meerwasser. Dadurch wurde energetische Differenz erhöht. Dieser Vorgang ist reversibel. In den Todeszonen schlecht durchlüfteter Meere, wie Ostsee und Schwarzem Meer kommen nur Bakterien vor. Ohne ausreichende Differenz keine Komplexität.
    Differenz kann sich aber auch auf raumzeitliche Distanz beziehen. Komplexere Systeme können besser Distanz überwinden als weniger komplexe. Elektronische Digitalität mündet schließlich immer, auch nach noch so intensiver interner Datenverarbeitung, in ein weltweit mit Lichtgeschwindigkeit zu verbreitendes „Produkt“. Rien ne va plus.

  4. HCF

    Sehr geehrter Herr Malik,

    ich Stimme mit Ihnen überein, das die ‚Flucht‘ in Komplexität und Skaleneffekten nach aktuellem Denken und Wirtschaften die einzige Lösung (bzw. Ausweg) ist zu versuchen die Effizienz zu verbessern und den Status-Quo längst möglich beizubehalten.

    Letztendlich benötigt aber eine steigende Komplexität in der Regel eine größere energetische Basis (Anm.: auch (Aus-)bildung braucht Energie).

    J. F. Tainter (Collapse of Complex Societies) sagt, das die Komplexität von (historischen) Zivilisationen dahin tendierte schneller zu steigen, als die Ressourcenbasis – bis zu dem Punkt, das die meisten der Ressourcen für die Sicherung des Status-Quo verwendet wurden, aber nicht mehr um Güter und Dienstleistungen für die Menschen.

    So sehe ich in vielen Entwicklungen (Smarthome, Smartmeter, Car2X, IoT, etc. pp) Geschäftsmodell, die es Firmen erlauben mehr zu produzieren und abzusetzen (und dabei Ressourcen verbrauchen), die aber gesellschaftlich gesehen nicht mehr Ressourcen & Energie einspaaren als Sie ‚Kosten‘ (ganz im Gegenteil…).

    Was ist Ihre Ansicht / Meinung zu diesen Aspekten?

    • F. Malik

      Ihr schöner Beitrag gibt mir Gelegenheit, einige verbreitete Missverständnisse aufzuklären.Es geht nicht um eine Flucht in die Komplexität und den Skaleneffekte, und schon gar nicht soll es um die Aufrechterhaltung des status quo gehen. Die große Transformation, wie ich es nenne, ist bereits zu weit vorangeschritten, als dass man diese noch aufhalten könnte. Was wir tun können ist jedoch, darauf richtig zu reagieren eine Chance darin zu sehen. Das wird nicht allen gelingen, insoweit es aber gelingt, ist das die Zukunft.
      Schließlich kommt hinzu, und das ist ganz wichtig, dass die Haltung, die Sie beschreiben, auf der Sachebene liegt. Insbesondere Tainter argumentiert auf der Sach-Ebene der Ressourcen. Es kann nur dann vorkommen, dass die Ressourcenbeanspruchung größer wird für die Aufrechterhaltung des Status Quo, wenn die Regulierungssysteme nicht funktionieren bzw. die falschen sind.

      Ich argumentiere daher auf der Ebene der Regulierungsprozesse, der kybernetischen Steuerungs-Fähigkeiten, die als solche ja praktisch keine Ressourcen brauchen, sondern aus Kreislauflogik und Intelligenz bestehen.

  5. A.I.

    Gibt es eventuell ein Beispiel, an dem man sehen kann, wie man Komplexität nutzen kann, um Komplexität zu beherrschen?

    Biologische Systeme sind sehr komplex und auch kompliziert, und die Fähigkeit, ihr Funktionieren zu lenken und zu verbessern (sprich: Medizin), beruht bis heute eigentlich auf Vermutungen und Trial&Error.

    Da gibt es z.B. Menschen, die leiden unter Migräne und kein Mensch kann erklären, warum das so ist.Haben Sie eventuell ein Beispiel parat, an dem man einsehen kann,

    Da gibt es Autoimmunerkrankungen, und kein Mensch versteht wirklich, warum das Immunsystem den eigenen Körper angreift, und niemand kann das heilen, sondern man kann nur versuchen, die Symptome abzumildern.

    Wie würde jetzt also ein Mediziner „die Komplexität erhöhen“, um die Komplexität des Immunsystems zu erfassen und z.B. Diabetes Typ 1 oder Multiple Sklerose zu heilen?

    Was genau müsste er tun?

    Das ist überhaupt nicht als Kritik gemeint, ich verstehe es nur einfach nicht.

  6. Jürgen Clasen

    Vielleicht gehört es hierher:

    http://www.welt.de/print/wams/wissen/article157408681/Sie-haben-den-Durchblick.html#

    Untersuchungen zu Prognosen und Vorhersagen. Sehr interessant. In meiner Anlagestrategie habe ich das Wesentliche richtig gemacht. Meine Annahme, wir bekommen eine deflationäre Depression, so ab 2008, wo uns die Klamotten nur so um die Ohren fliegen, war bislang falsch. Ich habe nicht damit gerechnet, das alle Gesetze und Regeln (zur Systemrettung) ins Gegenteil verkehrt werden können. Aber ich gebe mich noch nicht geschlagen. Eine Wirtschafts- und Währungskrise könnte in eine poltische Krise münden, die alles umhaut. Was nicht ist, kann noch werden, auch jenseits der 11 Jahre, die ich nach Statistik noch habe.

    • F. Malik

      Besten Dank, Herr Clasen, für den Link zu diesem interessanten Artikel. Er will mich allerdings noch nicht so recht überzeugen. Weil das Thema interessant und auch wichtig ist, und Prognosen für mein Fach so wichtig sind, werde ich erst mal das Buch lesen.
      Mit Ihrer Deflationsmeinung liegen Sie doch gar nicht so schlecht. Wir haben diese in den Konsumentenpreisen, in einem grossen Teil der Rohstoffe. Die historisch einzigartige Politik der Zentralbanken verstärkt die Deflationsrisiken.