Trump und die heisse Zone der Grossen Transformation

F. Malik am Freitag, 27.01.2017 um 8:34 Uhr
« Vorheriger Artikel / Übersicht / Nächster Artikel »

Die Aktionen von US-Präsident Trump und die darauf folgenden Reaktionen sind deutliche Indikatoren, dass wir nun direkt in die Zone der grössten Turbulenzen in der Grossen Transformation des 21. Jahrhunderts kommen.

Die Transformation als solche ist etwa seit Beginn der 1990er Jahre im Gange. Am Anfang war sie naturgemäss schwer erkennbar. Die seitherigen Veränderungen konnte man jedoch mit etwas Grosszügigkeit in die Grundmuster der Alten Welt einordnen und sich gewissermassen innerlich zurücklehnen, was viele in Politik und Wirtschaft auch getan haben.

Noch ist zwar nicht eindeutig klar, wie die Politik von Trump und die Gegenmassnahmen darauf wirklich aussehen werden. Werden sie so weitergehen, wie sie begonnen haben, oder wird doch ein Schwenk zu „normalen“ politischen Gepflogenheiten eintreten? Das wird sich aber relativ schnell zeigen.

Davon unabhängig sind Sorgen in einer anderen Hinsicht angebracht: Einmal mehr haben so gut wie alle Experten in der Einschätzung der Lage versagt. Unabhängig davon, welcher Wissenschaft sie angehören, hat – wie schon bei der Finanzkrise von 2008 – niemand die heutige Situation kommen sehen.

Tags:

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

 Verbleibende Zeichen

18 Kommentare

  1. Stefan Ludwig

    hm – „einmal mehr haben so gut wie alle Experten versagt.“ Es muss also doch ein paar wenige gegeben haben die es kommen sahen. Ich frage mich da was sind die Gründe dafür, dass die Experten die es haben kommen sehen so gar nicht in der Öffentlichkeit aufgetaucht sind? Das finde ich eine ebenso spannende Frage wie es wohl weitergehen wird.

    • F. Malik

      Lieber Herr Ludwig, wie immer sind Sie ein sehr aufmerksamer Leser, und ich habe zu wenig präzise formuliert. Ich hätte schreiben müssen: Mir sind keine Experten bekannt, die … Ich denke mein letzter Satz ist dann wieder ausreichend präzise. Vielen Dank für Ihren Hinweis. Ich schätze Ihre Lesepräzision sehr.

  2. Jürgen Clasen

    Jetzt kommt die Gegenreaktion einer ungezügelten Globalisierung. Was vordergründig verbilligend war, wird am Ende teuer. Die niedrigsten
    Löhne, Sozial-und Umweltstandards wurden schlagartig in die westlichen
    Industriegesellschaften geworfen, ohne Rücksicht auf Verluste. Verlustig
    wurden die Arbeitsplätze der Mittelschicht. Gewinner waren die sogenannten „interessierten“ Kreise, die damit ihren Schnitt gemacht haben.
    Sie haben mit den Lügenformeln von den Segnungen einer globalen Wirtschaft,
    ohne Regeln, alle besoffen gemacht. Hat etwas gedauert, bis die betrogenen Worker gemerkt haben, was abgeht.

    • Blum

      Ich habe bei Häring etwas Interessantes gefunden: http://norberthaering.de/de/27-german/news/771-flassbeck-vs-hudson Das Thema, das ich herausgreifen möchte ist die stark hervorgehobene Unterscheidung von Michael Hudson zwischen der (unproduktiven) Rente auf Grund und Boden sowie die (produktive und verdiente) Rente aus Arbeit.

      Sie, Herr Malik, aber auch Herren Pfeifenberger und Clasen, unterscheiden ebenfalls hin und wieder die verschiedenen Arten von Krediten, solchen für Assetpreiserhöhungen ohne Nutzwerterhöhungen und solchen, die wirklich investiv zur Verbesserung von Prozessen und Produkten dienen.

      Und nun der Bogen zu Trump, der sich – wir wissen es noch nicht – entweder dem bisherigen unproduktiven Wachstumssystems entgegenstellt oder dieses weiterhin befeuert.

      Wenn also USA mit intelligenter Cashflow-Steuer http://www.hanswernersinn.de/de/WiWo_27012017 eine isolationistische Amerika first Politik durchzieht, wird er dann im Sinne produktiven Wachstums agieren, das Nutzwerte schafft, aber Blasen platzen lässt von unproduktiven Assetpreissteigerungen?

      Welche Konsequenz (zwangsweise) wird das für die in Europa folgenden Wirtschaftspolitiken haben?

      Zuletzt: gut für uns?

      • A.I.

        Ich habe vor Jahren hier im Blog schon einmal auf Michael Hudson hingewiesen, der mir ein sehr schlüssiges Bild zu zeichnen scheint.

        Ich verfolge Hudsons Blog seit der Finanzkrise 2008 und finde ihn außerordentlich lesenswert.

        Meiner Ansicht nach ist Flassbeck im Unrecht. Hudsons Mantra „Debt that can’t be paid, won’t be paid“ scheint mir als Naturwissenschaftler konform mit Alltagsbeobachtungen zu sein.

        Die „Saldenmechanik“ schein mir so lange einleuchtend, bis mich jemand fragte: „Der Staat verschuldet sich, um Munition zu kaufen. Rüstungshändler und Staat haben gleich große Gegenpositionen. Die Bomben werden nun in Afghanistan abgeworfen und zerstören dort die Häuser. Hat jetzt der Staat den Gegenwert zu den Schulden, die er bedienen muss, in Form von explodierten Bomben und zerstörten afghanischen Häusern?“

        Sehr clevere Gegenfrage, die mir den Denkfehler Flassbecks aufzeigte.

        Es ist dieselbe Gefahr, in der der theoretische Physiker schwebt, wenn sich sein schönes mathematisches Modell zu sehr von der Realität entkoppelt.

        Da aber manche Ökonomen nicht unsere Bildung haben, ist denen diese Gefahr nicht einmal bewusst. Entsprechend fallen dann die Resultate aus.

        • Christoph Stein

          Begriffsverwirrung:
          Der Kauf von Munition ist eine Konsumausgabe des Staates, keine Investition. „Gegenwert“ gibt es nur bei Investitionen.
          Beispiel: Ich nehme einen Kredit auf um damit eine große Party zu finanzieren. Was ist der „Gegenwert“ dieser Schulden? Die leeren Flaschen und der Partymüll?
          Wir hatten deshalb früher die sinnvolle Regelung in der Verfassung, dass der Staat sich nur in Höhe der Investitionen verschulden dürfe.
          Wenn man über Wirtschaft blogt sollte man den Unterschied zwischen Konsum und Investition schon kennen …

      • Jürgen Clasen

        Ob auf Kredit oder mit Eigenmitteln, echte Investitionen erzeugen
        einen Mehrwert, der letztlich(!) einer besseren Produktion zu Gute
        kommt. Ein Haus gehört durchaus dazu. Infrastruktur ebenfalls. Alles
        andere ist nur Müll. Keynesianische Ausgabenprogramme, in Häfen die niemand braucht oder nutzt, Prestigeflughäfen, Straßen und Brücken,
        die ins Nirgendwo führen. Bundeswehrinvestitionen, die nicht fliegen und nicht fahren. Rüstungausgaben von vielen Billionen, sind letztlich deflationär. Diese gesamten Investitionen erzeugen keinerlei Mehrwert, haben laufende Kosten und landen am Ende auf dem Schrottplatz. Das ist die größte Mehrwert/Wohlstandsgrube der Weltgeschichte. AT war mal auf dem richtigen Weg. „Bella gerant alii, tu felix Austria nube.“ – „Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate.“

      • F. Malik

        Lieber Herr Blum, mir ist es noch zu früh, um den neuen US-Präsidenten zu beurteilen.

  3. Wolfgang Pfeifenberger

    Mich wundert immer wieder, dass die zwei Dynamiken, nämlich die kurzfristige der unmittelbaren Transaktion durch Geld und die langfristige des Kredites nie von der Ökonomie zueinander in Beziehung gesetzt werden. Die Letztere führt über Paul C. Martins „Tsatsiki-Effekt“ immer und unwiderruflich in die deflationäre Selbsthemmung. Damit erlischt auch die Dynamik der Geld-Transaktionen und es kommt zur sogenannten „Wirtschaftskrise“. Die Notreaktion der massiven Kreditexpansionen durch die Zentralbanken zeigt nach anfänglicher Scheinblüte immer weniger inflationären Effekt. Allein diese Tatsache müsste doch schon nachdenklich stimmen. Dann springt man als Nächstes in den Isolationismus zurück, in der vagen Hoffnung, dass sich dadurch nun Alles zum Besseren wenden wird. Tut es aber nicht, da zwar die Preise steigen, aber die Verschuldungsfähigkeit der bereits überschuldeten Marktteilnehmer um keinen Deut besser wird. Die Liquiditäts-Falle schnappt endgültig zu. Es entstehen zwar wenige Ultra-Großvermögen, wie Sie an anderer Stelle schon ausgeführt haben. Die Masse wird aber ärmer. Darauf folgt die Gewalt, weil man ohne Transaktionsmittel den direkteren Weg gehen muss.

    • F. Malik

      Leider wurden bisher dieselben Fehler immer wieder wiederholt. Sie beschreiben es treffend. Nachfolgende Generationen haben jeweils vergessen, was geschehen ist und wie es dazu kommen konnte.

      • Jürgen Clasen

        Da stimme ich Ihnen voll zu Herr Prof. Malik. Aber…entweder Trump macht die Autoimporte aus Mexiko und anderen Staaten 35% teurer, und richtet ein Chaos an, oder er pokert nur. Wenn wir so schnell aus der Globalisierung aussteigen, wie wir hereingekommen sind, wird es für alle sehr übel, auch für die USA. Leider berate ich den Präsidenten nicht…Mit mir würde er bei 5% anfangen und in vernünftigen Zeiträumen nachlegen. Ganz dumm ist der Mann natürlich nicht. Es gibt keinen selbstgewählten Weg nach AUS. Warum sollten die USA Flüchtlinge nehmen die Australien selbst nicht will? Unsere zerspitterten (!) Aufwendungen für Flüchtlinge betragen 45 Mrd Euro/p.A. Dazu paßt, das unsere Straßen oft an der Grenze der Passierbarkeit angekommen sind. Warum noch weitere Flüchtlinge/ Angehörige aufnehmen? Schulz setzt auf den Ozeanriesen EU. Wer aber
        aufmerksam ist, sieht, das die anderen EU Staaten entweder schon in den Rettungsbooten sind oder sich dahin begeben.

  4. NJPuls

    Expertenwissen 1990, Malik/Stelter:
    „Es bedarf in einer Zeit, die von kurzsichtigen Modewellen geprägt ist, einigen Mutes, sich auf alte Weisheiten zu besinnen (…). Dennoch waren es niemals die großen spektakulären Visionen und Utopien, die den Menschen geholfen haben. Ganz im Gegenteil, sie haben immer mit innerer Unvermeidlichkeit ins Desaster geführt. Was aus den Desastern herausgeführt hat, war noch jedes Mal gewissenhafte Arbeit, die wirkliche Erfüllung der unternehmerischen Aufgaben auf soliden Fundamenten. Dies schafft möglicherweise bei den Menschen keine Begeisterungsstürme; aber es führt zu Resultaten. Es schafft weder Helden noch Genies; wohl aber kontinuierlichen Fortschritt. Es führt nicht zu emotionalen Euphorien und großen Würfen; wohl aber zu Leistung und Wohlstand. Und vor allem vermeidet es Revolutionen“.

    Finanzen, Umweltschutz etc. – auf allen Gebieten wurde seit 1990 in höchsten Maße unsolide gehandelt.

    Die Aussage „Mir sind keine Experten bekannt, die (…)“ beschreibt Ursache und Chance zugleich.

    Expertisen in Expertenkreisen helfen nicht, Revolutionen zu verhindern. Die Chance besteht darin, die Wucht der Medien zu nutzen, die es 1990 noch nicht gab.

    • Stefan Ludwig

      Lieber Herr Professor Malik,
      was sind ihrer Ansicht nach die Gründe dafür, dass immer noch keine mit kybernetischen Methoden entwickelten und mit kybernetischen Methoden (= sehr wirklungsvoll) in die öffentliche Diskussion eingebrachten Vorschläge zur Lösung der Probleme gemacht werden? Ist die „kritische Masse“ an Kybernetik-Befürwortern noch nicht erreicht? Ist der Druck noch nicht groß genug? Liegt es daran, dass die Lösungen von den jeweils selbst Betroffenen jeweils individuell gefunden werden müssen? Wenn letzteres zutrifft landen wir meiner Ansicht nach bei der Frage: „Was müssen wir tun um eine genügend große Zahl von Entscheidern von kybernetischen Methoden zu überzeugen? Wiederaufnahme und Forcierung der Ecopolicyade? Reportagen die die großen Erfolge von kybernetischem Management zeigen?

      Mit freundlichen Grüßen

      Stefan Ludwig

      • F. Malik

        Lieber Herr Ludwig, alle von Ihnen aufgezählten Gründe tragen mit dazu bei. Hinzu kommt, dass das Wort Kybernetik in den letzten Jahren stark in negativen Zusammenhängen verwendet wurde, wie zum Beispiel Cyber Spy, Cyber Attack usw. Jetzt jedoch, mit Cyber Security, dreht sich der Gebrauch ins Positive. Einen weiteren Grund sehe ich darin, dass nur wenige im Laufe ihrer Schul- und Universitätsausbildung mit Kybernetik konfrontiert sind. Ich bin zuversichtlich, dass sich das ändern wird.

    • F. Malik

      Lieber Herr Puls, schön dass Sie aus meinem Buch (gemeinsam mit Stelter) aus 1990 zitieren. Vielen Dank dafür.
      Wie würden Sie denn in dieser Angelegenheit die Medien von heute einsetzen?

      • NJPuls

        Lieber Herr Prof. Malik, ich beantworte Ihre Frage gern konkret. Momentan terminiere ich für Februar ein Gespräch mit dem ehemaligen Chefredakteur einer Zeitschrift, die zu den meistgelesenen Wirtschaftspublikationen des Landes gehört. Im Jahre 2004, also vor rund 12 Jahren, hatte er eine Kolumne veröffentlich, die an Aktualität nicht zu überbieten ist. Es ging in der damaligen Veröffentlichung um Gefahren der Komplexität und Anwendung von Systemwissenschaften und Kybernetik für Sozial- und Wirtschaftsreformen. Wir werden mit einem Team von ca. 10 – 12 Akteuren aus der regionalen Bau-und Immobilienwirtschaft diesen Termin durchführen. Vielleicht gelingt es uns, dass unser Gesprächspartner seine Überlegungen in einer überarbeiteten Form noch einmal publiziert. In Verbindung mit Beispielen wäre das dann der Ansatz, um die Anwendung von Systemwissenschaften und Kybernetik in die regionale Wirtschaft und Politik zu treiben. Mal schauen, was sich daraus ergibt, ich sehe das ganz pragmatisch.

        • F. Malik

          Dazu wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Der von Ihnen erwähnte Artikel würde mich interessieren.

  5. Nikolaus Kimla

    Trumps Aufstieg, seine Ausrichtung und sein pragmatischer Ansatz sind eine Reaktion auf einseitige Gewinner und falsch verhandelte Handelsabkommen zu einer Zeit mit anderen Voraussetzungen und nicht erkennbaren Entwicklungen. Es ist eine temporäre Turbulenz und sicherlich keine Gefährdung der internationalen Sicherheit, die bereits tief verankert ist im notwendigen Tourismus fuer jedes Land. 49,000 Airports (sind kleine Städte), immense durch intensive steuermittel finanzierte Tourismusinfrastrukturen in jedem Land lassen ein WWIII Gedankenspiel als unrealistisch erscheinen, als auch die nicht finanzierbaren Massnahmen aufgrund der allgemeinen Schuldenlast in jedem kriegstauglichen Land. Sein pragmatischer Ansatz und das vollkommene entkoppelte US Parteien System werden den Prozess der Transformation nur beschleunigen. Es ist die logische Folge und eine Neuordnung, verstärkt durch die digitalen Prozesse, den nicht mehr klar durchschaubaren und kontrollierbaren internationalen Verflechtungen, der ebenso nicht umsetzbaren Finanzierung und dem gleichen Irrtum, bereits von Schumpeter geglaubter mathematischen Gleichmäßigkeit, der Vorhersagen von ökonomischen Verhalten.