Durch Donald Trump in die Neue Welt? Nein!

F. Malik am Samstag, 18.02.2017 um 10:37 Uhr
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Einer der bedeutenden Politik-Kommentatoren des deutschen Fernsehens meinte kürzlich, innerhalb weniger Wochen nach der Wahl von Donald Trump seien wir in einer „Neuen Welt angekommen“.

Nein! Die Neue Welt war schon da. Denn für die Grosse Transformation ist der neue US-Präsident nicht die Ursache. Aber Trump macht die Transformation auf seine Weise sichtbar – schon dadurch, dass er gewählt wurde, und sodann warum und von wem er gewählt wurde und wie die Welt und ihre Kommentatoren auf ihn reagieren. Und er nützt die bereits eingetretenen grundlegenden Veränderungen als Hebel.

Wer den heutigen Präsidenten als die Ursache von Change ansieht, macht einen fundamentalen Fehler in der Beurteilung der Lage und als Folge dessen dann auch in der Wahl von Mitteln, wie man sie unter Umständen bewältigen kann.

Ohne den bereits fortgeschrittenen Zustand der grossen Transformation wäre Donald Trump gar nicht gewählt worden, weil die Voraussetzungen dafür gefehlt hätten. Er ist eine Folge der übertriebenen amerikanischen Shareholder Value-Strategie der Unternehmensführung. Denn wegen höherer Gewinne ist Amerika de-industrialisiert worden, sind weite Gebiete verarmt und haben nur geringe Hoffnungen auf eine bessere Zukunft.  Deshalb haben die Menschen in diesen Gebieten Donald Trump zum neuen Präsidenten gewählt.

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32 Kommentare

  1. Jürgen Clasen

    Die Deindustrialisierung wurde möglich, weil deren Nutznießer den Menschen einen Bären aufgebunden haben, von wegen besseres Leben durch Globalisierung. War durch die Medienkonzentration auch leicht möglich, weil eine Handvoll der besagten Nutznießer sich die öffentliche Meinung unter den Nagel reißen konnte. Der zweite Teil, der Transformation, ist die Erkenntnis, das offene Grenzen eine schädliche Armutsmigration ermöglichen. Aus Mexiko kommen eben nicht nur Akademiker, sondern ein Haufen Drogenhändler, kriminelle Banden und letztlich auch Lohndrücker. So gesehen, wird der amerikanische Worker von zwei Seiten gebeutelt. Illegale bereichern nicht, wie auch die harsche Globalisierung nicht bereichert. Es sollen sich ja 11,5 Millionen Illegale in den USA aufhalten. Durchaus wahrscheinlich, das sie mit illegalen Papieren auch illegal gewählt haben. Die Duldungskultur vom Vorgänger mag sie darin bestärkt haben. Ein weiter so, wie bisher, wird den Bürgern dort nicht helfen. Trump muss also das Eisen in das Feuer legen, um es zu schmieden.

    • Herbert Saurugg

      Ich denke, dass die Globalisierung nicht nur schlecht war bzw. ist und das daher etwas zu schwarz/weiß gesehen wird. Ist nicht viel mehr das Probleme, dass das einzelne ausnutzen zu ihren Gunsten ausnutzen konnten und daher die von Ihnen beschrieben Effekte eintraten?

      Ich habe heute eine Filmpremiere über ein bedingungsloses Grundeinkommen gesehen. Sehr spannend. Ein Teil davon befasste sich damit auch, dass etwa die reichste Familie Amerikas eigentlich die meiste Sozialhilfe in den USA empfängt, während sie so viel besitzt, wie 40 Prozent der restlichen BürgerInnen. Warum? Sie zahlen ihren MitarbeiterInnen so wenig Gehalt, dass sie auf Sozialhilfe angewiesen sind, um überleben zu können.

      Daher ist es hier wohl eher ein Staatsversagen, dass solche Entwicklungen zulässt und das wir überall sehen. Denn die Macht geht nicht mehr vom Volk aus, sondern von Konzernen.

      Leider sehen wir dieses „Versagen“ auch in vielen anderen Bereichen. Etwa wenn den vermeintlichen oder geforderten „Regulierern“ einfach die Kompetenzen fehlen, um mit den raschen Entwicklungen mitzukommen, geschweige den, gestalterisch eingreifen zu können. Die Komplexitätslücke steigt … und die „Silos“ sind überholt

      • F. Malik

        Lieber Herr Saurugg, ein interessantes und bedrückendes Beispiel. Und eine gute Illustration für die Unfähigkeit mit Komplexität umzugehen.

    • F. Malik

      Lieber Herr Clasen, sie arbeiten schön die Nachteile der Globalisierung heraus, und ihre Verlierer. Dies hat unter anderem für Herrn Trump das Wählerpotenzial geschaffen. Es wird jetzt interessant, ob er die Nachteile und die damit auch entstandenen drastischen Schäden wieder beseitigen kann. Und ob er dadurch nicht noch viel mehr Schäden verursacht. Denn die Nutzniesser, von denen Sie sprechen, werden dadurch ja nicht weniger, sondern sie werden gemäss den Entscheidungen des Präsidenten ja gestützt und begünstigt. Möglicherweise haben wir am Ende nur noch Nachteile. Davon würde dann wahrscheinlich China am meisten profitieren, weil es doch seine Zeit genutzt hat, und weil es gut regierbar ist.

      • Gunter Fritz

        Umweltverschmutzung, innerchinesische Konflikte(z.B. Uiguren) und wirtschaftliche Änderungen stellen China vor große Herausforderungen. Kybernetisch betrachtet sind Oposition und eine freie Presse eine negative Rückkopplungen zur Regierung und haben demnach eine stabilisierende Wirkung. Mich interessiert, woran Sie die Steuerbarkeit Chinas ausmachen, welches die Unterschiede zu Europa(in Bezug auf Steuerbarkeit) sind und welches die stabilisierenden Regelkreise sind.

        • F. Malik

          Lieber Herr Fritz, danke für dieses interessante Posting. Im Ein-Parteiensystem von China gibt es heftige Opposition und eine Konkurrenz, die intern ausgetragen wird. Dort spielen also die negativen Rückkopplungen eine grosse Rolle. Im System selbst gibt es eine Reihe von Regeln, die zum Teil besser sind als unsere: Zum Beispiel die limitierte Amtsdauer von Funktionären, die sie zu Leistung zwingt, und zwar nicht nur im Sinne einer Wiederwahl wie bei uns, sondern weit darüber hinaus. Dann aber auch die Auswahl der Leute auf wichtigen Positionen, wie die Bürgermeister der grossen Städte. Ich habe mir von einem früheren Bauminister dies einmal erklären lassen, der unser westliches System sehr gut kannte, insbesondere das deutsche und schweizerische. Er meinte, dass nur exquisite Fachleute, Techniker etc. in China Bürgermeister werden können, und dass sie im Amt bleiben bis sie die Altersgrenze erreicht haben – ausser sie werden bei Korruption ertappt. Er sagte auch, dass man es sich in China gar nicht leisten könnte, dass irgendjemand gewählt würde, mehr oder weniger zufällig wie bei uns, ohne die nötigen Fachvoraussetzungen definitiv zu haben. Dies kann man nun sicher verschieden bewerten, denn auch unser System hat seine Vorteile.

          Die chinesischen Herausforderungen sind gigantisch, keine Frage. Aber sind sie es nicht auch bei uns? 1.3 Mia Menschen, aus der „Steinzeit“ seit 1976 in gerade mal 40 Jahren auf dieses Entwicklungsniveau zu kommen, wo es zwar vielen noch immer schlecht geht, aber doch auch wesentlich besser als früher. Und die bessere Steuerungsmöglichkeit liegt einfach darin, dass wenn einmal Entscheidungen zustande gekommen sind, dann werden sie auch umgesetzt. Bei uns ist es ja oft umgekehrt: Nachdem die Entscheidungen getroffen sind, die eben häufig aufgrund unserer Demokratie keine Lösungen sind, sondern Kompromisse auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner (die nur selten Lösungen sind), werden diese nicht umgesetzt, was bei der Qualität dieser Kompromisse vielleicht oft sogar besser ist. Aber dies bedeutet eben Stagnation.

          Also dies sind ganz spontan meine Gedanken zu Ihrem Posting. Besten Dank noch einmal dafür.

          • Gunter Fritz

            Lieber Herr Malik, besten Dank für Ihre Antwort

  2. Stefan Ludwig

    Lieber Herr Prof. Malik,

    Ich habe mehrere Fragen. Bitte nehmen Sie sich Zeit meine Fragen zu beantworten.
    Können Sie ihre Aussagen oben näher erläutern? Meinen Sie mit „Hebel nützen“ die veränderten Kommunikationsmöglichkeiten (=Twitter & Co)?

    Weitere Fragen: Ist die starke Ausrichtung auf den Shareholder-Value ihrer Ansicht ein zwangsläufiges Zwischenstadium? Ich habe Sie bisher so verstanden: Wenn man denn Kybernetik konsequent und flächendeckend einsetzen würde könnte man die Transformation ich schreibe mal „schmerzarm“ bewältigen. Wie sehen Sie das heute?

    In einem früheren Posting schrieben Sie, dass Sie sich noch kein abschließendes Urteil über Trump gebildet haben. Ihr Urteil fände ich sehr interessant zu wissen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Stefan Ludwig

    • F. Malik

      Die Kommunikationsmöglichkeiten gehören auch zu den Hebeln. Ich meine aber vor allem die Schäden und Nachteile, die das Wählerpotenzial von Donald Trump geschaffen haben. Die sind die starken Hebel, die ihn ins Amt gebracht haben. Hier hat er weiterhin eine grosse und zum Teil begeisterte Gefolgschaft. Auch seine Rhetorik ist ein Hebel, ebenso seine Geschwindigkeit.

      Der Shareholder Value war kein zwangsläufiges Zwischenstadium, so wie die Raupe auf dem Weg zum Schmetterling ein Zwischenstadium ist. Der Shareholder Value ist schlichtweg ein historischer Irrtum, der von Professoren über die Unternehmensführung verbreitet wurde. Ich habe darüber in meinen Büchern recht viel geschrieben. Die Kybernetik bzw. ein auf Kybernetik beruhendes Management wird die Transformation gut und schnell bewältigen. Mit den bisherigen Methoden wird das aber nicht gehen. Dazu sind die Dynamik des Wandels und auch die Komplexität viel zu gross.

      Über Donald Trump halte ich mich deswegen noch zurück, als man in solchen Fällen jemandem 100 Tage Einarbeitungszeit zugesteht. Diese sind noch lange nicht vorbei. In der verbleibenden Zeit kann sie noch vieles ändern und zwar in so gut wie in jede Richtung.

      • Johann Schwarting

        Sehr geehrter Herr Prof. Malik,

        im Zusammenhang mit Ihren Sätzen: „Die Kommunikationsmöglichkeiten gehören auch zu den Hebeln. … Auch seine Rhetorik ist ein Hebel, ebenso seine Geschwindigkeit.“ möchte ich auf Frau Dr. E. Wehling hinweisen. Sie hat die Twitter-Strategie von Donald Trump analysiert und berät auch die SPD. Die Tweets der Nutzer, die auf Trumps Informationsflut in den ‚sozialen Netzwerken‘ antworten, werden von seinen Beratern ausgewertet. Die Inhalte der zurückgesendeten Botschaften finden Verwendung, um seine politischen Meinungen und Maßnahmen im Sinne der ‚strengen Ideologie‘ zu modulieren. Die politischen Maßnahmen können auch wieder teilweise zurückgeführt werden nach dem Motto: Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. Die Tweeds sind ‚Tests’ zur Gestaltung zukünftiger Politik. Die massenmediale Kommunikation von Trump hat zu guter Letzt nur eine Richtung – sie ist eine Vereinnahmungstechnik, steht im Dienste der Politik und der Flexibilisierung der Macht. Twitter ist für ihn ein Werkzeug der Psychologie zur Beeinflussung der Massen. Dazu mein Beitrag: http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=427648

        MfG JS

        • F. Malik

          Ein schöner Beitrag. Ich kenne einige der Schriften von Frau Dr. Wehling. Sehr klug. Das sind eben auch Hinweise dafür, dass wir Trump noch nicht wirklich kennen, und dass wahrscheinlich recht viele sich vorschnell eine Meinung bilden. Diese kann dann später doch noch bestätigt werden. Aber es ist noch zu früh.

          • Johann Schwarting

            Sehr geehrter Herr Prof. Malik,

            bezogen auf Ihre Darlegung, „dass wir Trump noch nicht wirklich kennen, und dass wahrscheinlich recht viele sich vorschnell eine Meinung bilden.“ möchte ich Sie auf den Beitrag

            http://www.alan-shapiro.com/baudrillard-und-trump-simulation-und-objektorientierung-nicht-wahr-und-falsch-von-alan-shapiro/

            des Kulturtheoretikers, interdisziplinären Denkers und Software-Entwicklers ‚Alan N. Shapiro‘ hinweisen. Er stellt professionelle Betrachtungen über Trump im Sinne der Simulationsmoderne zur Diskussion. Ich denke, dass sie zum Verstehen der historischen Einordnung von Trump wichtig sind. Das ‚International Journal of Baudrillard Studies (IJBS)‘ zeigt darüber hinaus die literarische Resonanz, die die Gedankenwelt Jean Baudrillards im englischsprachigen Raum – im Gegensatz zum deutschsprachigen – hervorgerufen hat. MfG JS

            • F. Malik

              Besten Dank für Ihren interessanten Hinweis. Shapiro zeichnet ein Baudrillard-Bild von Präsident Trump mit vielen Facetten. Und es bedarf ziemlich intensiver Kenntnisse der französischen Philosophie der Baudrillard-Zeit (ich war daran interessiert), um dieses Bild zu verstehen bzw. die Schlussfolgerungen, die dazu führen. Eine meiner Überlegungen zu Trump ist, dass es „Imperatoren“ dieser Art in der Geschichte schon öfter gegeben hat. Einige, aber nicht alle, haben zu Katastrophen geführt; einige nur in die Lächerlichkeit und einige in das Versäumen grosser Chancen, ihre Regierungszeit für einen dringend nötigen Wandel erfolgreich zu nutzen. Vordergründig sieht es so aus, als würde Trump genau dies zu tun versuchen. Die Art aber, wie er das angeht, erscheint derzeit mehr als dilettantisch. Aber noch immer ist nicht auszuschliessen, dass es eine absichtlich eingesetzte Taktik sein könnte und er in Wahrheit viel klüger ist oder auch raffinierter. Vielleicht probiert er derzeit vor allem aus, was die Welt verträgt und wie sie auf ihn reagiert.

              Daher schliesse ich noch nicht aus, dass er schon in ein paar Monaten eine ganz andere Handlungsweise einsetzen wird. Ich schliesse aber auch nicht aus, dass er in wenigen Monaten nicht mehr im Amt sein wird. Im Augenblick neige ich aber eher zur Meinung (mit 60%), dass er sich als irrelevant erweisen wird, dass er die zig Millionen seiner Wähler enttäuschen wird und dass er Amerika in einem noch schlimmeren Zustand hinterlassen wird als er es angetreten hat. Ein Zustand, welcher schlussendlich zu seiner Wahl führte. Meine Differenz zwischen dem einen und dem anderen Szenario ist noch gering, aber wie ich es immer mache, habe ich jene Signale aufgeschrieben, an denen ich, wenn sie auftreten, entscheiden würde, welche der Wahrscheinlichkeiten ich erhöhen bzw. senken würde.

              • Lutz Gerwig

                Lieber Herr Malik,

                genau das geschieht aus meiner Sicht gerade: der in der ganz großen Politik unerfahrene, aber im Kybernetikhandeln erfahrene Trump lernt gerade das neue System kennen. Er drückt Knöpfe und guckt, was passiert. Er macht sich vertraut mit der Wirkungsweise. Wir sind als Zuschauer mit professionellen Insidern vertraut, nicht mit methodisch Systeme nutzen wollenden Personen. Wir schauen gebannt auf Inhalte, suchen Bedeutung und sind verwirrt.

                Doch die erste Stufe ist bei einem System doch immer, dass man es in seiner Wirkweise verstehen lernt, oder liege ich da falsch?

                Deshalb also verstehe ich Ihre Inhalte bewertende Zurückhaltung und teile sie.

                Wenn Trump die Wirkweise versteht, und er lernt rückkopplungsgesteuert täglich dazu, siehe Herr Schwarting und Frau Wehling, dann werden wir inhaltlich bewerten können.

                Bis dahin wird nur der Boden bereitet, Trump wirft Glaubenshäppchen an vermeintliche Freunde wie Feinde und sieht, wie die reagieren. Er lernt. Deshalb kann man noch keine konsistente Strategie erkennen.

                • F. Malik

                  Sehr geehrter Herr Gerwig, danke für Ihre beiden Postings. Das Handeln von Präsident Trump kann man sehr gut so interpretieren, wie Sie es beschreiben. Ich würde nicht davon ausgehen, dass er Kybernetik bewusst anwendet, dass er sich darin auskennt o. ä. Aber das tut nichts zur Sache, denn sein Handeln kann als Versuch und Irrtum und neuer Versuch verstanden werden, so wie Sie es darstellen. Auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist und ohne Kenntnis der Hintergründe so handelt, so ist es eben insoweit sehr wirksam. Wenn er dann das System gewissermassen besser kennengelernt hat, und ob er dann eine Strategie im engeren Sinne des Wortes daraus ableitet, wird unter anderem von seinen Beratern abhängig sein. Es bleibt jedenfalls abzuwarten. Hinzu kommt, dass es klügere und weniger kluge Versuche gibt und dass er durch blindes Herumprobieren ganz ansehnliche Risiken produziert.

                  • Gunter Fritz

                    Das Trial and Error Prinzip ist in diesem Fall nur bedingt von Nutzen. Die Wirkungen sind viel zu langfristig, als dass Trump daraus lernen könnte. Es gibt exponentielle Änderungen, d.h. auf eine kurze Zeit scheint eine Entwicklung linear zu sein, während auf einen längeren Zeitraum die Entwicklung explodiert. Es gibt zeitversetzte Änderungen, die bei Trial and Error zu Übersteuerung führen können. Weiter kommt hinzu, dass sich das System selbst ändert. Ein Eingriff heute hat andere Auswirkungen, als der identische Eingriff in einem Jahr.

                    Helfen können hier Systemmodelle, um die Zusammenhänge zu verstehen und um unterschiedliche Entwicklungen abzuschätzen oder zu simulieren. Es muss daher an der Methodik angesetzt werden. Diese bestehen aus Effektivität(das richtige tun) und Effizienz(etwas gut tun). Die Methodik selbst kann über Trial and Error verbessert werden.

                    Es muss auch beachtet werden, dass die richtigen Werte rückgekoppelt werden. Beobachtet man den falschen Wert, führt die Rückkopplung zu einer systematischen Fehlsteuerung.

                    • Lutz Gerwig

                      … Fortsetzung:

                      Ich bin ein großer Freund von klar unterschiedenen Effektivitäts- und Effizienzzielen. Vor einer Systemoptimierung steht die Aufgabe der Systembeherrschung, die mit den richtigen Zielen erarbeitet werden sollte. Wenn man hierbei ein holografisch gesprochen, zwar unscharfes, aber vollständiges Bild erhält, kann man mit dem Modell arbeiten, d. h. das Modell und die Wirklichkeit in Wechselwirkung effizienter gestalten, also im Alltagssinn managen.

                      Und jetzt zum Bau des Systemmodells. Man macht sich vertraut mit den Elementen des Modells und deren Beziehungen untereinander. Man schaut, skizziert, prüft (was schon eine Rückmeldung erfordert) und passt an.

                      Die Schleifen sind anfangs nicht perfekt, Elemente könnten vergessen werden, Beziehungen sind vielleicht verspätet und andersherum wirksam als man denkt. Aber das Bild schärft sich.

                      Und wo man nicht in Ruhe von außen gucken kann, sondern alles in Bewegung ist und man sowohl das System beeinflussen will/muss/soll als auch viele andere Akteure am System herumschrauben, da ist unrundes Wirken normal.

                      Ich denke, die 100 Tage haben schon einiges an Resultaten gebracht, die – wie man das auch beurteilen mag, verändern.

                    • F. Malik

                      Systembeherrschung ist ein grosses Wort, das ich nur selten verwenden würde. Systemmodelle machen ist gut und kann inzwischen auch gelernt werden. Wir machen sie seit langem, wofür wir bestimmte Modellierungsmethoden und eine Software verwenden. Dietrich Dörner ist einer der Pioniere und Frederic Vester war es. Nachdem ich nun seit den 1970er Jahren mit Systemforschung und Systemmodellierung befasst bin, und vor allem mit praktischer Anwendung für inzwischen jede Art von Organisation – business und nonbusiness -, habe ich viele Moden kommen und gehen sehen, viele leere Versprechungen, und auch gute, ja sehr gute Wissenschaft und Praxis. Was Trump hier tut, ist Kybernetik auf Kleinkindniveau. Das Kind erschliesst sich so seine frühe Welt. Das ist ausgezeichnet und in seinem Entwicklungsstadium würde das anders gar nicht gehen. Wenn man mit 70 noch immer auf Kleinkindniveau nach Zufallsprinzip herumprobiert, gleichzeitig in einer der bedeutendsten Machtpositionen steht, ist das Risiko relativ gross, dass Fehler passieren, bevor man sie als solche erkennen kann und schliesslich auch nicht mehr einfangen kann.

                    • F. Malik

                      Lieber Herr Fritz, sehr schön dargestellt. Vielen Dank.

              • Johann Schwarting

                Sehr geehrter Herr Prof. Malik,
                Ihr Hinweis auf „Imperatoren“ weist auf das „Römische Prinzipat“ hin mit der Vorherrschaft eines Einzelnen in der Form einer personalisierten Legitimationsordnung. In einer Zeit der „transzendentalen Obdachlosigkeit“ (G. Lukács) erleben wir den Niedergang der symbolischen Ordnung und der symbolischen Stabilität der Zeichen in der karzinogenen referenzlosen Wucherung in: Sprache, Schrift, Text, Bild, Film. Das Potential „Macht“ wird in dem Gravitationsraum der Machtordnung mittels des Machtkreislaufes des Geldes mit den Be- und Entmächtigungen zediert. Alle sind in dem Raum instanziell und strukturell eingebunden und gefesselt. Sowohl die hierarchisch geordneten Zentralinstanzen als auch die Privaten sind essenziell auf allen Stufen auf die Ausarbeitungen der Verträge (finanziell, rechtlich, militärisch) mit ihren Folgerungen auf global tätige Großkanzleien (Magic Circle, Global Quartet) und Beraternetzwerke angewiesen – deren Macht sind die Zeichen. Viele akzeptieren nicht, dass das TINA ist, um die Systeme zu stabilisieren! Trump spielt als einzelner Machthalter in einem „Strukturat“ nur eine untergeordnete Rolle – er wird auf Linie gebracht. MfG JS

                • F. Malik

                  Ich bin nicht sicher, dass ich verstehe, was sie sagen möchten. Ihre Sprache ist bemerkenswert komplex. Und ich muss gestehen, dass ich nicht weiss, was „transzendentale Obdachlosigkeit“ ist. An George Lucas habe ich mich früher mal vergeblich versucht. Und sodann fürchte ich, dass sie dem Geld eine zu grosse Bedeutung beimessen. Für mich würde dort, wo sie Geld sagen, eher der Begriff Schulden hingehören. Denn Geld sind um lauffähig gemachte Schulden, die nur quasi als Geld angenommen werden, solange dahinter eine Sicherheit steht. Aber ich fürchte auch, dass diese Einfügungen die Ästhetik Ihrer Sprache und Ihres Gedankenganges arg schädigen könnten.

                  • Johann Schwarting

                    Sehr geehrter Herr Prof. Malik,

                    Ihre Feststellung: „Ihre Sprache ist bemerkenswert komplex.“ zwang mich im Voraus zu einer konzentrierten Darstellung mit 1200 Zeichen. Den Begriff von G. Lukács habe ich in bto von Dr. Stelter benutzt.

                    http://think-beyondtheobvious.com/debitismus-von-der-zwangslaeufigen-krise-iii/#comment-22528

                    Mir ist bekannt, dass Geld als Passivum der ZB im Rahmen ihrer geldpolitischen Operationen Schuldtitel voraussetzt, die ausreichend besichert sind auf der Grundlage der Eigentumsökonomik von Heinsohn/Steiger mit ausreichender kommender Vermögenserwartung – Vermögen gibt es nur bei zukünftiger Verschuldungsfähigkeit. „Das Geld selbst, es läuft nicht im Träger umher es bleibt als eine vom System geschaffene Eigenschaft (=Machtpotential) passiv.“… „ Ein Geldsystem entsteht also nicht ursächlich durch Eigentum, sondern durch den Bedarf eines Machtkreislaufes zum Zwecke des Machterhalts.“ Die Gedankengänge gehen auf @Ashitaka et al. mit der Vorstellung einer „Zentralmachtordnung“ auf der Grundlage wesentlicher Untersuchungen

                    http://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/1979/19793Wesel_S_233.pdf

                    des Rechtshistorikers U. Wesel zurück. Macht ist ein Passivum! MfG JS

              • Jürgen Clasen

                Trump fällt in alte Muster zurück und fährt einen Schlingerkurs. Bislang ist er nicht der
                große Transformator. Mich enttäuscht der Mann. Er hat noch zwei Schüsse: Steuer- und
                Außenhandelsreform. Wenn er die vergeigt, kommt sogleich eine kriegerische Auseinander
                setzung….

      • Jürgen Clasen

        Herr Prof Malik, wenn man die Aufgabe so beschreibt, der Präs holt die verlorenen Arbeitsplätze zurück und beendet die schädliche illegale Einwanderung, gebe ich ihm mehr Zeit als die besagten 100 Tage. Er wird die allgemeine Agonie beenden oder scheitern. Man kann viel schlechtes an ihm finden, aber er wird es wenigstens versucht haben. Dagegen stehen eigentlich nur Leute, die an jeder Aktion nur Kassandra rufen, egal um was es sich handelt. Die westliche Welt ist von dem „Fast Food“ des umverteilenden Sozialismus infiziert. Man kann das falsche Spiel eine zeitlang mit der Kreditexpansion betreiben. Aber nicht ewig. Es gilt das erste Grundgesetz der Ökonomie: Es kann nur verteilt werden, was erwirtschaftet wurde!
        In diesem Sinne sehe ich in Schulz nur den nächsten Betrüger, der natürlich seine Wähler mit Illusionen benebelt. Almamsed macht nicht wirklich schlank, sondern vermittelt nur die Illusion vom schlanken Body!

        • F. Malik

          Ich habe mich offenbar etwas unscharf ausgedrückt. Ich wollte damit sagen, dass man einem neuen Stelleninhaber, auch in der Industrie, typischerweise etwa 100 Tage Einarbeitungszeit gibt. Bis dahin kann er sich umsehen, die Menschen kennenlernen, seine Aufgabe studieren etc. und muss im Prinzip keine grossen Leistungen zeigen (Sonderfälle mal vorbehalten). Danach aber ist die Schonzeit vorbei und dann kommen in der Regel die wirklichen Wahrheiten zum Vorschein. Genau wegen der Möglichkeiten, die noch gegeben sind, halte ich mich vorerst mit Meinungen zu Trump zurück. Ich habe meine Meinung zu seiner Rhetorik und vieles andere mehr, aber das ist im Augenblick nicht entscheidend. Entscheidend sind seine Taten, wenn er ein stabiles Kabinett hat, sich selbst eingearbeitet hat – eben in 100 Tagen. Sie stellen diese Dinge sehr klar dar. Besten Dank dafür.

          • Jürgen Clasen

            Kommunismus in erster oder zweiter Annäherung, unter Einbeziehung menschlichen Verhaltens, funktioniert nicht. Bei Kapitalismus merkt man erst in 6. oder 7. Annährung, das es sich um ein Ponzischema handelt. Heute sehen wir schon erste Anzeichen. Eine Handvoll Kapitalisten besitzen soviel wie 40% der Erdbevölkerung, wobei ganz klar ist, Besitz ist wichtiger als Nutzen. Bush verdoppelte das Staatsdefizit von 5B auf 10B.Obama tat es ihm gleich von 10B auf 20B. Mit der Deindustrialsierung ging auch gleich das Wissen flöten. Trump hat jetzt 20B, um mit den Vorgängern gleich zu ziehen. Wird er auch schaffen, mit den vielen Versprechungen. „Horst Schlämmer – Isch kandidiere!“ Schlämmer hat die Universalformel für Wahlsiege benannt: Von allem mehr, für alle! So gesehen hat der neue Politstar in D sich schon blendend in seine Rolle eingespielt. Die dumme Mehrheit ist deshalb dumm, weil sie immer wieder auf diese Masche reinfällt. Nur Erhard hat sich mal erdreistet zum Masshalten aufzurufen. Es ist ihm nicht gut bekommen.

  3. A.I.

    Etwas off-topic kam mir neulich der Gedanke, dass Prof. Heinsohns Aussage über verschuldungsfähige Pfänder eigentlich nur eine sehr komplizierte Neuformulierung der Aussage ist, dass Wohlstand von Arbeit, Innovationen und Ressourcen kommt.

    Dass es anderen gelungen ist, den Wohlstand auf sich selbst umzuverteilen, sodass es diesen so erscheint, als könne man mit Taschenspielertricks Reichtum herzaubern, ist eben ein Irrtum.

    Michio Kaku erklärte diesen Gedanken in einem Vortrag. Politiker sind meistens Juristen, und diese kennen nur eine Methode, Einkommen zu generieren: Anderen Geld weg zu nehmen. Sei es durch Klagen oder später, als Politiker, durch Steuern.

    Grundlegend anders die Generierung von Wohlstand durch Maschinen, die die menschliche Arbeitsproduktivität vervielfachen.

    Aber im Prinzip ist die private Kreditvergabe nichts anderes. Damit der Unternehmer die Ressourcen beschaffen kann, die er zur Umsetzung seiner Idee benötigt, greift er auf sein später vermutetes Einkommen vor, indem er Zinszahlungen verspricht.

    An sich ist das sinnvoll, aber wie Hudson ausführt, sind es heute zu viele, die abschöpfen wollen, und zu wenige, die echten Wohlstand generieren.

  4. NJPuls

    Handelsblatt – Finance Today Freitag, 24. Februar 2017

    (…) Schlechte Nachrichten für den Steuerzahler: Die Bundesbank hat nur noch eine Milliarde Euro Gewinn gemacht – nach 3,2 Milliarden Euro im Vorjahr. Schuld daran ist das Anleihenkaufprogramm der EZB, schreibt die Welt. Die Bundesbank habe der Öffentlichkeit nun gezeigt, dass die Risiken, die eine solche Politik mit sich bringt, kein abstraktes Gefasel von EZB-Dauerkritikern sind, schreibt die Börsen-Zeitung.

    Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret warnt vor den Risiken steigender Zinsen für die Banken – und fordert, dass Deutschlands Geldhäuser nach dem Vorbild der Bundesbank ihre Kapitalpolster weiter auffüllen, um gerüstet zu sein.

    Berlin zeigte sich indes gelassen.(…)

    Ergo: rd. 2,2 Mia EUR Steuermittel werden in dem EZB-Anleiheprogramm versenkt. Was für einen Aufschrei gäbe es, wenn ein Politiker in 2017 ein Kürzungsprogramm in der Höhe verkünden würde.

    Richtig: die neue Welt ist schon da. Neu ist, dass sich niemand mehr aufregt über solche Entwicklungen, da sie eben neu – fast normal – sind. In der Konsequenz kommen solche Typen wie Trump ans Ruder – als Folge verfehlter Politik und nicht deren Ursache.

    • F. Malik

      Lieber Herr Puls, Sie ordnen das ganz richtig ein.
      Ursache und Wirkung werden ständig verwechselt, was die Lagebeurteilung systematisch falsch macht. Deshalb auch kann man gar nicht oft genug wiederholen, dass Trump die Folge von bereits eingetretenem Change ist.

  5. Jürgen Clasen

    Gulliver wurde von den Liliputanern gefesselt. So ähnlich geht es auch Trump. Und vor ihm Merkel, die auch keine mehrheitsfähige Meinung zu den Flüchtlingen vorbringen kann. Man hat sie nicht gefesselt, sondern die Schwesterparteien haben sie ein gemauert. Trump setzt darauf, das Obama Care an den inneren Widersprüchen und der Unfinanzierbarkeit demnächst von selbst scheitert. Baah, da kann erlange warten, genauso wie ich schon seit einem Jahrzehnt auf den
    Zusammenbruch unseres gesundheitlichen Komplexes warte. Irgenwo kommt dann doch noch Geld in die Kasse, Beitragserhöhung, Zuzahlungserhöhung, Leistungs-einschränkung. Man läßt es nicht von der Leine, wie man auch GR nicht untergehen läßt, denn da gehen dann alle mit unter. Jetzt wendet er sich den Steuern zu. Hier hat er bessere Chancen, denn alle wollen weniger, ganz egal ob dann die Schulden, die niemanden gehören, weiter steigen. Das Toten-glöckchen wird noch nicht vernommen, der Wind hat gerade wiedermal gedreht.
    Ich wende mich gerade meinem nächsten + XY % Projekt zu. Was besseres fällt mir nicht ein.

    • F. Malik

      Es ist gut möglich, dass Trump seine Gefolgschaft verliert, bevor er seinen Wählern aus seiner Sicht Gutes tun kann. Und die amerikanische Verfassung hat ja doch Möglichkeiten, ihm dann Einhalt zu gebieten.

  6. Jürgen Clasen

    Was wir sehen, ist das Dilemma von einem, der gewohnt ist, alles allein zu entscheiden. Als Präsident kann er einiges machen per Dekret. Aber eben nicht alles. Er braucht Zustimmungen vom Kongress. Bei Obama Care schon augenfällig, das es so nicht funktioniert, wie er will. Dito Mauerbau. Jetzt kommt er mit seinen Steuerreformen und muss gleichfalls feststellen, das diese Massnahme Zustimmung benötigt. Hierzulande steht bei jedem Gesetz in einer Präambel, was es kostet und wie es finanziert werden soll. Seine Steuerideen beruhen auf der Annahme, das daraus soviel Wirtschaftsaktivitäten erwachsen, das sie sich sozusagen selbst finanzieren. Und wenn nicht? Das kommt in seiner Denke wahrscheinlich nicht vor. Er braucht erstklassischen Fachmann und echten Freund der ihn berät. Freund deshalb, das er eine abweichende Meinung
    sich zu eigen machen kann.