Wie beschreibt man das Binden von Schuhen?

F. Malik am Samstag, 26.08.2017 um 14:52 Uhr
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Mein Eintrag über der Erlernen des durch Sprache Unlehrbaren hat Interesse gefunden und einige sehr interessante Postings ausgelöst. Das freut mich u. a. deshalb, weil dieses Thema bisher weithin unbeachtet geblieben ist.

Es gehört aber zu den bisher weitgehend unentdeckten Kernthemen effektiver Kommunikation. Und es ist einer der Gründe, weswegen immer häufiger über schlechte Kommunikation geklagt wird – besonders in Organisationen – wo es speziell auf gute und wirksame Kommunikation ankommt. Die Schuld/Ursache dafür wird fast immer bei den Menschen gesucht, häufig bei den Chefs. Das führt dann z. B. unweigerlich auch zum Hierarchiethema.

Ich will nochmals verdeutlichen was ich meine: Es gibt Dinge, die man zwar nicht beschreiben,  aber dennoch problemlos und schnell erlernen oder erfahren kann. Unter anderem habe ich das Leiten von Sitzungen erwähnt. Dies gerade deshalb, weil ich selbst Leitfäden und Checklisten für die Sitzungsleitung geschrieben habe.

Wie beschreibt man Gerüche und Geschmäcke? Wie riecht eine Rose? Man kann nur sagen: „.. wie eine Rose“,  und muss dabei voraussetzen, dass der Empfänger weiss, wie eine Rose riecht. Wie klingt eine Trompete? Eben wie eine Trompete … Klänge können wir durch Audio übermitteln und sie so erleben lassen. Vielleicht werden wir schon bald auch Gerüche via Digi übermitteln können. Dann haben wir jene Kommunikationsarten zurückgewonnen, die heute durch die Sprache nur schwer und vielfach gar nicht ersetzt werden müssen.

Aber es geht weiter: Wie beschreibt man Schifahren, Fussball, Tennis? Ich meine nicht die Äusserlichkeiten, wie den Rennläufer beim Slalom, oder den Spielverlauf beim Fussball. Sondern ich meine die konkreten Bewegungsabläufe des Schilaufens und Fussballspielens. Nämlich das, was die Sportler können müssen, um zu gewinnen.  Im Management – gar bei Leadership – gibt es dieselben Schwierigkeiten. Wie etwa beschreibt man Leadership und schon gar, wie beschreibt man Charisma?

Ein Stück weit kann man mit Beschreibungen schon kommen, aber man kommt nicht bis zum Können. Das wäre kein Problem, würden wir nicht immer mehr hinter Computer-Screens sitzen und mit sprachlich-grafischen Mitteln zu kommunizieren versuchen. Nicht umsonst sind die Emojis entstanden. Aber auch sie haben enge Grenzen der Kommunikation.

Kommunikation durch Sprache stösst schnell an die Grenzen ihrer Wirsamkeit bei wachsender Komplexität der realen Situationen in Organisationen. Daher stellen Change und Transformation so grosse Anforderungen an die Führung.

Für heute noch eine Herausforderung fürs Wochenende: Wie beschreibt man das Binden von Schuhen? Wie macht man eine Gebrauchsanleitung dafür, damit jeder es lernen kann? Wer Lust hat, kann es in einem Posting vormachen.

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20 Kommentare

  1. Jürgen Clasen

    Ich will mich garnicht erst zu versuchen…. Mit Sprache lässt sich viel vermitteln. Künstler in seiner Sparte war Prof. Harald Lech, der nur vor einer Schiefeltafel stand und komplexe Kosmologie nur mit Händen und Sprache vermittelt hat. Leider werden grafische Darstellungen zu wenig zur Erklärung eines Sachverhaltes eingesetzt:. So könnte eine Temperaturkurve über die letzten 13000 Jahre viel vermitteln zum Thema Erderwärmung. An ihr kann jedermann erkennen das es schon immer Temperaturschwangungen gab die nichts mit menschlichen Aktivitäten zu tun hatten. Es ist so einfach…

    • Gunter Fritz

      Lieber Herr Clasen, Temperaturschwankungen die nicht vom Menschen verursacht wurden sind nicht ungewöhnlich. Die Schwankungen der letzten 13000 Jahre sind teilweise Bestandteil des Geschichtsunterricht (mittelalterliche Warmzeit, kleine Eiszeit). Mir ist nicht klar, warum Sie daraus den Umkehrschluss ziehen, dass unser Verhalten keinen Einfluss auf das Klima hat.

      Die globale Temperatur ist von vielen Faktoren abhängig, wie z.B. Sonnenaktivität oder die Zusammensetzung der Atmosphäre. Die Atmosphäre wird u.a. vom Vulkanismus und eben auch von den Bewohnern des Planeten(schon vor Auftreten des Menschen) beeinflusst. Und umgekehrt (um beim Thema Kybernetik zu bleiben) hat das Klima Einfluss auf die Bewohner. Der Mensch greift massiv in dieses komplexe System ein. Ein Zusammenhang ist daher für mich naheliegend.

    • F. Malik

      Es gibt durchaus Lehrer, die so etwas können, was Sie meinen, und dies auch grossartig machen. Grafiken werden heute mit den Power Point-Präsentationen relativ viel verwendet, manche sagen schon längst zu viel.
      Aber nicht jede Grafik ist gut und aussagekräftig. Weil man heute so leicht auf jedem Computer Grafiken herstellen kann, ist viel schlechte Grafik im Umlauf.
      Aber selbst wenn all das sehr gut wäre, so würde es zwar vieles erleichtern, aber das Problem noch nicht lösen, das ich aufgeworfen habe. Man kann vieles durch Zuschauen, Dabeisein und Erfahren besser und schneller lernen als durch Beschreibungen, sei es in Büchern oder Seminaren. Diese Methode ist aber durch die Art, wie sich z. B. die Managementausbildung entwickelt hat, zum Teil weit in den Hintergrund gedrängt worden.

  2. Andreas Schmidt

    Das Binden der Schuhe als Vorgang könnte man zumindest über eine grafische Darstellung, einer Bildfolge, zeigen. Bei Vorgängen höherer Varietät (z.B. Sitzungsleitung)kommt natürlich auch die bildliche Darstellung schnell an ihre Grenzen. Das Medium Film hilft vielleicht noch etwas weiter, ersetzt jedoch auch nie das Learning-by-doing.

    Äußerst spannend sehe ich das Beschreibungsproblem vor allem in der Problematik der dem „Change“ rahmengebenden Unternehmenskultur. Kultur ist nicht verbal beschreibbar und auch nur im Status Quo erlebbar. Wie kommt man hier zu einer Vermittlung eines Veränderungsziels, des gewünschten Zustands?
    Ausformulierte Werte und Leitbilder sind subjektiv interpretierbar und zunächst nicht wirklich erlebbar.
    Am ehesten durch konsequente Vorbildwirkung – wobei diese in größeren Organisationen mit mehreren Führungsebenen ihre praktischen Grenzen hat. Schwierig…

    • F. Malik

      Es soll eben gerade nicht über grafische Darstellungen etc. erfolgen, sondern durch Beschreibung mit Sprache, sonst wäre es ja keine Beschreibung.
      Nun kann man das Binden von Schuhen (hier nur als Beispiel verwendet) relativ einfach zeigen(!), in kurzer Zeit und sehr wirksam. Auf diesem Wege kann ein Kind von 6-8 Jahren diese Fertigkeit erwerben und wird es nie wieder vergessen.

  3. NJPuls

    Jedem (bau)sachverständige Richter wird im Zweifel nach Zeichnungen für die vom Auftraggeber gewünschte Ausführung fragen. Textliche Detaildarstellung dienen im besten Falle der Ergänzung eines Konvoluts von Zeichnungen.

    Folglich muss etwas geben, was nicht durch Text ausgedrückt werden kann, und trotzdem zum Gelingen benötigt wird.

    Jedem Planer mit praktischer Erfahrung in einem Handwerk oder Bauleitung ist klar, dass eine Zeichnung die Sprache des Empfängers (Handwerkers) sprechen muss, wenn das geplante Detail tatsächlich wie geplant entstehen soll. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.

    Probleme entstehen dann, wenn
    a) zum Verständnis notwendige zeichnerische Angaben fehlen oder unklar sind,
    b) das Sprachverständnis eines Empfängers nicht zur Aufgabenstellung passt.

    Die besten Planer machen sich fehlendes Sprachverständnis zu eigen, und liefern im Zweifel verständliche Abbildungen und Modelle im Maßstab 1/1. Computergestützte Planung verstärkt unter Komplexitätsbedingungen diese uralte Methode, die im Kern davon lebt, mit wenigen textlichen Angaben möglichst viel zu sagen.

    https://www.baumeister.de/freihandzeichnen/#Archiskizze-Eiffelturm-Paris-Frankreich1-631×440

    • F. Malik

      Lieber Herr Puls, Sie zeigen ein wunderschönes Beispiel dafür, dass man mit Sprache allein wirksame Kommunikation und insbesondere effektives Lernen kaum zuwege bringt. Jedoch geht es recht gut mit anderen Hilfsmitteln und anderen Methoden.

      • Jürgen Clasen

        Wenn ich dürfte, hebe ich mit wenigen(!) Folien bei der Flüchtlingsfrage, CO2, Stickoxide, Feinstaub, Euro, Sozialstaat aus den Angeln. Wähler würde ich dadurch kaum gewinnen. Sie lernen durch Erfahrung. Siehe WKII und WKI. Diese Erfahrungen sind die bittersten.

        • Jürgen Clasen

          hebe ich den Bundestag…3

  4. A.I.

    Dasselbe Problem hat man als Trainer nicht nur bei der Beschreibung von Bewegungen, sondern auch bei der Erklärung taktischer Situationen.

    Meist entstehen gefährliche Situationen durch Stellungsfehler, durch Unterlassen einer taktischen Handlung, oder durch falsches Timing der Handlung.

    Wie soll man erklären, was man da gesehen hat? Mit einem Taktikbrett lässt sich nur sehr eingeschränkt erklären, was gemeint ist, und Timing-Fehler sind ganz schlecht darzustellen.

    Da ist die Videoanalyse mit Abstand das beste Mittel.

    Sprache ist sogar behindernd, denn wenn Sie auf dem Feld stehen, müssen Sie blitzartig alle Positionen und deren Bewegungsrichtung in Ihrem Blickfeld erfassen, und aufgrund dessen entscheiden, was Sie als nächstes tun werden.

    Das hat mit Worten überhaupt gar nichts zu tun, sondern man verarbeitet direkt visuelle Reize und agiert.

    Sogar dieses wortlose, visuelle Denken, das da im Kopf eines Spielers passiert, kann ich mit Worten unmöglich beschreiben.

  5. Wolfgang Pfeifenberger

    „The truth is in the pudding“ sagt man in England. Wir haben hier zwei grundsätzlich verschiedene Wahrheitsmodi vor uns. Der eine ist die Darstellung von etwas in einem anderen Medium (Sprache, Schrift), der explizite Modus, der andere ist der Pudding-Modus, d.h. Wahrheit durch Inkorporierung, also eine Nahbeziehung =impliziter Modus.
    Man versteht diesen Zusammenhang besser, wenn man sich klar macht, dass Bewusstsein etwas ist, das sehr viel mit einer Suchmaschine zu tun hat, der Herstellung von assoziativen Verbindungen über weite Strecken. Das Bewusstsein ist aber die Voraussetzung für Sprache und später Schrift. In der Sprache werden diese assoziativen „privaten“ Verbindungen öffentlich gemacht, in der Schrift konservierbar und transportfähig. Bei Inkorporierung sind solche Mechanismen überflüssig, sogar störend, denn hier bleibt man ja von Anfang an im unmittelbaren Nahraum. Man sitzt auf seinem Fahrrad und nimmt mit Gleichgewichtssinn und Propriorezeptoren, Gesichtssinn und Motorik direkt, teilhabend und intensiv das Geschehen „wahr“. Ex versus in.

    • F. Malik

      Sie beschreiben die beiden Modi und deren Unterschiede und Schwierigkeiten. In der Management-Education, egal in welchem Entwicklungsstadium, dominiert heute fast vollständig der explizite Modus. Ihr Fahrrad-Beispiel macht die Modi sehr verständlich. Ich selbst habe mit dem „Binden von Schuhen“ ein viel einfacheres Bespiel gewählt, und nicht einmal das ist im expliziten Modus lösbar.

  6. Christian Rubi

    Diese Erkenntnisse sind sehr interessant. Was die Beschreibung von Geschmäcken anbetrifft, denke ich in der Gastronomie an den Kellermeister (frz. sommelier). Etwas schmeckt da nicht einfach nach Wein. Vielmehr gibt es eine Kombination von Assoziationen mit anderen Sinneseindrücken wie Erde, Öl und/oder Früchten. Entsprechend wäre auch mit dem Geruch einer Rose zu verfahren. Riecht sie z.B nach Schokolade und Vanille?
    Festhalten möchte ich den Unterschied zwischen Geruch und Geschmack.
    Geht es bei Blumen vor allem um den Geruchssinn, kommt beim Wein der Geschmacksinn hinzu. Die Organe zur Wahrnehmung dieser Sinneseindrücke sind verschieden. Da ich diese Gedanken jetzt nicht weiterentwickeln mag, verweise ich abschliessend nur noch auf die Beziehungen zwischen den Sinnesorganen und dem Gehirn.

    • F. Malik

      Besten Dank für Ihr interessantes Posting, das in der Sache richtig ist. Mein Fragestellung im Blog ist allerdings eine andere, nämlich: Wie kann man Sinneseindrücke mit Worten/Sprache zutreffend genug beschreiben, damit andere verstehen, was ich meine?

      • Christian Rubi

        Ein grosses Merci für Ihre Antwort. Der Prozess von der sinnlichen Wahrnehmung zum kognitiv-sprachlichen Ausdruck ist in neurologischer Hinsicht komplex. Im Riechen interpretiert das Gehirn Erregungen, die direkt oder indirekt mit der Aktivität der Riechzellen in der Nase zusammenhängen. Für das Schmecken, das Sehen, das Hören usw. gilt Entsprechendes. Allerdings dürfte neurologisches Wissen die Verständigung nur begrenzt fördern. Deshalb wäre in vielen konkreten Situationen die Verbesserung kommunikativ-sprachlicher Kompetenzen wünschenswert. Namentlich wäre die non-verbale Kommunikation zu beachten. – Übrigens beschäftigt mich folgende Frage: Ist Klimaforschung zur Ideologie geworden.

        • Jürgen Clasen

          „Ist Klimaforschung zur Ideologie geworden?“

          Die Frage ist beantwortet, jedenfalls was die Klimahysterie von heute betrifft. Guck hier:

          https://www.youtube.com/watch?v=8AuHsXl7vtE&feature=push-u&attr_tag=SZwQ6tUFTw_cZiXL-6

        • F. Malik

          Klimaforschung bzw. Klimasorge ist jedenfalls zu einem politischen Thema geworden. Herr Clasen hat einen YouTube-Link beigesteuert, in dem der Protagonist seine Unzufriedenheit mit der Klimaforschung ausdrückt. Ab wann man in der Politik von einer Ideologie sprechen kann, will ich offen lassen.

          • Jürgen Clasen

            Ich glaube schon, das man von Ideologie sprechen kann, insbesondere
            dann, wenn jedwede Diskussion verhindert oder unterdrückt wird.
            Das genau ist beim Klima der Fall. Die gewichtigen Argumente des
            Herrn Prof. Kirstein werden von der Gegenseite nicht widerlegt. Die gleiche Unterdrückung sehe ich auch in der Flüchtlingssache. Es wird
            die Unverträglichkeit von Sozialstaat und Massenmigration einfach nicht thematisiert. A.M. und andere, sprechen davon, das es dabei keine Obergrenze gibt. Die gibt es spätestens dann, wenn wir das Einkommensniveau von Afrika haben. Der Strom versiegt dann einfach.
            Dann sind wir wieder bei Peter Scholl-Latour: Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massen-verblödung. Nachrichtensendungen sind keine mehr, sondern be-kommen immer mehr den Charakter von Magazinbeiträgen. Vorreiter hier: RTL Aktuell.

            • Christian Rubi

              Im Mittelpunkt des Themas Klimawandel steht die Frage, ob und allenfalls in welchem Ausmass die Klimaerwärmung anthropogen verursacht wird. Das genannte Video von Prof. Kirstein macht deutlich, dass häufig unwissenschaftlich argumentiert und prognostiziert wird. Insofern liegt der Ideologie-Verdacht nahe.
              Allerdings macht man sich wenig Freunde, wenn man die Massnahmen gemäss dem Pariser Klimaabkommen von 2015 in Frage zu stellen wagt. Völlig unbeliebt macht sich, wer behauptet, dass es sich dabei um eine neo-liberale Ideologie handelt.
              Wenn zudem noch postuliert wird, dass in 100 Jahren die Erde unbewohnbar sei 1), sehe ich eine vertiefte Auseinandersetzung für dringend erforderlich. Allerdings bleibt nicht viel anderes übrig, als konkrete Aussagen zu hinterfragen. Wir möchten uns kaum mit dem Diktum zufriedenstellen lassen: Après moi le déluge.
              Den „Tag danach“ wird es für uns nicht geben. Und ein Tag wie in Hiroshima oder Nagasaki werden wir kaum erleben. Müssen wir es deshalb bei der Frage stehen lassen?
              Was können wir wissen?
              1) The Uninhabitable Earth
              Famine, economic collapse, a sun that cooks us: What climate change could wreak — sooner than you think.
              By David Wallace-Well