„Big Data“ ist nicht Information und Information ist nicht Wissen

fredmund.malik am Donnerstag, 28.09.2017 um 16:41 Uhr
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An Daten fehlt es heute kaum in einem Unternehmen. Wir haben eher zu viel davon. Information hingegen ist weiterhin Mangelware. Und man kann sich nicht darauf verlassen, dass alle wissen, wie man von Daten zu relevanter Information kommt. „Big Data“ ist eine neue Welt von unglaublichem Datenvolumen und Datenvielfalt, die mit enormer Geschwindigkeit generiert und distribuiert werden. Aber Daten für sich genommen sagen nichts aus. Auch Big Data nicht. Daten sind nicht Information. Und Information ist nicht Wissen. Information entsteht aus den Unterschieden, daher ist auch Information ein Unterschied, der einen Unterschied macht, wie Gregory Bateson das formulierte.

Information kann also erst dann entstehen, wenn wir Daten zu anderen Daten in Beziehung stellen. In Zeiten von „Fake News“ und „Alternative Facts“ ist es nicht egal, welche Daten wir zu anderen Daten in Beziehung stellen. Stafford Beer sagte: „Data are statements of facts. Whatever is ‚given‘ is a fact. Fact is that which is the case. The human being cannot normally discover the facts in the data.

Also bleibt in den „Datenhaufen“ alles nur ein Rauschen – „Noise … a meaningless jumble of signals: Counterproductive because it is mistaken for information.“ Aus dem Wirrwarr und der Unmenge von Daten kommen wir also erst zu Information, wenn wir diese Daten in eine richtige Beziehung stellen, die eben ins Gewicht fällt.

Es ist noch keine Selbstverständlichkeit, dass selbst in „modernsten“ Unternehmen Daten richtig in Beziehung gestellt werden. Man würde es kaum glauben, wie oft es vorkommt, dass Unternehmenszahlen überhaupt nicht in Relation gebracht werden, dass Differenzen noch nicht in Prozenten ausgedrückt werden, und dass Index-Berechnungen schlicht fehlen.

Zahlen und Ziffern sind keine objektiven Grössen, obwohl sie so aussehen und häufig so genommen werden. Sie sind interpretationsbedürftig, und die Spielräume dafür sind meist ziemlich gross. Jedes Budget muss deshalb strukturelle Informationen enthalten – die wichtigsten Positionen sollten als Indexzahlen ausgedrückt werden. Erst gleitende Durchschnitte und ihre Trends liefern Information zur Beurteilung von Entwicklungen. Sie destillieren ein Muster, ein Pattern aus dem Datenmaterial heraus, und erst die Patterns sind es, die Information liefern.

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9 Kommentare

  1. Jürgen Clasen

    Ja, wir haben es immer mehr mit unglaublichen Datenhaufen zu tun. Besonders dann, kommt es auf den
    Menschen und seinen Erfahrungen an. Die Trends lassen sich noch relativ leicht herausfiltern. Die
    Königsklasse sind aber Personen, die auch eine gegenseitige Wechselwirkung der Trends erkennen und dann Trendbrüche vorhersehen, bevor sie eintreten. Im allgemeinen gelingt das eben mehrheitlich nicht.
    Es gibt nur ein sicheres Rezept dafür: Reserven schaffen, damit man umsteuern kann. Daneben gibt es noch
    den gesunden Menschenverstand, der einem davor bewahren kann, die Trends linear oder sogar progressiv
    fort zu schreiben. Ein praktisches, sehr simples Beispiel: Doppelkopfspiel. Wenn 2 oder gar 3 eine Farbe nicht
    auf der Hand haben, muss sich diese Farbe bei der 4. Person konzentrieren .

  2. Jürgen Clasen

    Noch ein Beispiel: Der VDAX-New Volatilitätsindex steht quasi auf Tiefstand der letzten 30 Jahre.
    Daraus folgt, das man an der Börse sehr vorsichtig sein sollte. Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge.
    Ganz sicher ist auch das nicht. Warum sollte der besagte Index nicht noch tiefer gehen?
    Der gesunde Menschenverstand mit Erfahrung sagt, entweder Finger weg, oder mit großen
    Reserven investieren. Trendgläubige gehen volle Kanne rein. Sie können Glück haben oder große
    Verluste.

  3. Jürgen Clasen

    Sorry, Herr Prof Malik, ich möchte meine Ausführungen ergänzen. In der BRD droht bekanntlich ein allgemeines
    Fahrverbot für Diesel <6. Die Sache ist u..a in Düsseldorf und in Stuttgart in eine Sprungrevision beim BVG gegangen.
    Bestätigt das BVG die Beschlüsse der VG dann können Millionen Dieselpendler nicht mehr zur Arbeitsstelle fahren.
    Selbst wenn es kein allgemeines Verbot wird, im Ruhrgebiet hängen die betroffnen Gemeinden wie an einer
    Perlenschnur zusammen. Dann erwarte ich einen Trendbruch bei den schönen Charts, bei denen doch alles in Butter ist. Ein Chaos wird es geben und eine schwere Wirtschaftskrise in D einschließlich aller EU Länder. Am 22. Feb soll das
    BVG möglicherweise schon einen Beschluss für Düsseldorf fassen, was natürlich eine Vorentscheidung für alle gleich gelagerte Fälle bedeutet. Das könnte ein böses Erwachen für Aktionäre und die Schafe werden, die glauben sie wären
    davor gefeit. Der Trend besteht eben fort bis er bricht und es gibt durchaus Überlegungen das vorher zu sehen.

    • Max Gmür

      Betreffend schwerer Wirtschaftskrise. Wir erwarten sie teilweise schon seit Jahren, befürchten sogar eine Depression. Man kann aber auch einige Indikatoren finden, die zeigen, dass die Welt grundsätzlich immer besser wird.
      Wir müssen uns nun verabschieden von der Vergangheitsretorik, die im Westen geprägt ist durch die beiden Weltkriege, die grosse Wirtschaftkrise dazwischen, den Kommunismus und die regelmässigen Rezessionen seither. Fakt ist, dass sich Markt, Geld und Wirtschaft fundamental verändert haben. Stückgutkosten gehen wegen der Automatisierung gegen Null, was den Markt „aushebelt“ (was Marx vor 150 vorausgesehen hat), FIAT-Geld wird durch digitale Währungen, die keiner menschlichen Autorität unterstehen, ersetzt und Arbeit wird immer weniger. Letzteres schon seit vielen Jahren. Nur konnte man es bisher durch häufig nutz- resp. sinnlose Produktdifferenzierungen und pseudo Dienstleistungen kaschieren, was letztlich wieder vielen Leuten Arbeit gab. Aber das geht nun definitiv zu Ende.
      Deshalb, wir brauchen ein neues Gesellschaftsmodell das nicht auf rückwärtsgewannter Rektorik aufbaut, sondern auf den Realitäten der Gegenwart, projeziert in die Zukunft.

      • Max Gmür

        … und die vielleicht grösste Veränderung die auf uns zu kommt:

        „Blockchain – eine Technologie revolutioniert unser ganzes Denken
        Eine neue Riege an Vordenkern, Programmierern und Unternehmern schickt sich an, die Welt zu verändern. Darin liegt auch eine grosse Chance zur Selbstemanzipation für die Generationen Y und Z.“

        https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/new-kids-on-the-blockchain-ld.1319020

      • Jürgen Clasen

        Es ist die Rede davon, das Bitcoin eines Tages 1 Million $ wert sein wird. Man kann nichts ausschließen.
        Auch Tulpenzwiebeln haben eine fantastische Wertentwicklung gehabt. Je mehr sich da reinziehen
        lassen, desto größer wird das Risiko. Auch die Holländer haben damals an die Werthaltigkeit geglaubt.
        Eine tatsächliche, begreifbare, innere Wertsteigerung, sehe ich nicht. Ein Gesellschaftsmodell, das durch die Realität nicht fortlaufend bestätigt wird, hat keinen Bestand. Der Begriff ist zu groß und zu umfassend. Vielleicht hilft es, wenn man das Gesamtmodell splittet und kann für überschaubare Bereiche was formulieren. Endziel, wäre es, die Fragmente so zu bearbeiten das sie sich zu einer Einheit zusammen- fassen lassen.

      • F. Malik

        Sie haben Recht, Herr Gmür. Schön, dasss Sie sogar Karl Marx zitieren.
        Mitten im umschwärmten ersten New Economy Boom der 90er Jahre schrieb ich, dass das Web erstmals Märkte mit vollkommener Information herbeiführen kann, und dass auf diesen niemand etwas verdienen wird. Für viele war das schwer zu begreifen.

  4. Peter Koch

    Um von Daten zu wichtigen Informationen und von dort zu sinnvollem Wissen zu gelangen, brauche ich wohl zunächst ein Ziel. Nur dann kann ich überhaupt entscheiden, welche Daten ich auswählen muss, weil sie erforderlich sind, um dorthin zu kommen bzw. auf dem richtigen Weg zu bleiben. Ich vermute hier einen Zusammenhang mit dem Thema „Kontrolle oder Control“. Relevante Daten wären dann diejenigen, die man für Control benötigt. Sie müssen Aussagen über die aktuelle Lage und ggf. über Abweichungen von meiner Richtung treffen und anschaulich machen, welche Korrekturen vorzunehmen sind. Das sinnlose Übermaß an Daten benötigt, wer in erster Linie statisch kontrollieren will.
    In dem kleinen Büchlein von Dieter Brandes „Konsequent Einfach – Die Aldi-Erfolgsstory“ gibt es ein Kapitel mit der Überschrift „Kreativität durch Dummheit.“ Darin beschreibt Brandes anschaulich, wie man sinnvolle von sinnlosen Daten unterscheidet und aus wenigen, aber relevanten Daten die notwendigen Informationen gewinnt, um das Geschäft steuern zu können. Kernaussage: Das wichtigste ist unabhängiges Denken.