Besseres Wissen oder Sturheit?

F. Malik am Samstag, 12.03.2011 um 11:30 Uhr
« Vorheriger Artikel / Übersicht / Nächster Artikel »

Besseres Wissen oder Sturheit?

Viele zweifeln am Deflationsszenario. Das ist zwar verständlich, aber ich halte weiterhin daran fest. Hier nur drei meiner vielen Gründe dafür:

1. Investors Psychology: 97% der Investoren glauben derzeit an ein weiteres Steigen der Ölpreise. Warum? Unter anderem weil sie im Öl bereits lang sind. Sie machen sich selber Mut. Wenn praktisch alle schon im Markt sind, wer bleibt also noch übrig, um den Ölpreis noch weiter in die Höhe zu treiben? Bei solchen Ratings kehren die Preise zumeist um und fallen umso dramatischer.

2. Deflation kommt von den Schulden: Auch jene Investments, die nun noch eine Zeitlang zu einer Reflation führten, sind grossteils mit Krediten finanziert. Hedgefunds gehen nicht voll bezahlt in die Rohstoffmärkte sondern zu Margins. Dies ist die scharfgestellte Zeitbombe, die bereits bei geringfügigen Preisrückgängen die Deflations-Wasserfälle auslöst.

3. Immobilienpreise: In den USA fallen die Immobilienpreise wieder. Nachdem sie sich kurzfristig erholt hatten, stehen sie heute niedriger als zum bisherigen Krisentiefstpunkt im Janurar 2009.

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

 Verbleibende Zeichen

16 Kommentare

  1. Peter Lorenz

    Sehr geehrter Herr Malik,

    wieder einmal darf ich Ihre letzten Beiträge kommentieren und wiederhole mich: Ihre Diskussion finde ich generell hervorragend. Regt sehr zu kritischen Nachdenken allgemein an, keine Frage. Ich bin auch bei Ihnen was die Notwendigkeit für Change anbelangt und glaube Ihnen auch das Sie tolle Tools dafür haben. Trotzdem finde ich es schade das Sie sich immer wieder auf diese kurz- bis mittelfristigen Aktien- und Währungsprognosen einlassen, und somit sich in die Reihe jener Leute begeben von denen geschätzte 150 auf CNBC oder sonst zu hören sind. 50% haben Recht, 50% manchmal wieder nicht. Seit einem Jahr schreiben Sie die Börse tot und es ging steil steil bergauf. Seit einem Jahr (oder mehr) schreiben Sie den Dollar stark und der sinkt und sinkt und sinkt. Ich frage Sie: Wann würden Sie dann schlussendlich behaupten „ich hatte Recht“ oder „ich hatte unrecht“? Wenn der Dollar in 15 Jahren stark IST und der Dow im Jahr 2017 auf 2000 Punkten steht, hatten Sie dann recht oder sind Sie dann nicht jahrelang brutal falsch gelegen? Denn Sie wissen… In the long run… we’re all dead…

    Ihr Peter Lorenz

    Bitte fleissig weitermachen mit dem Blog!!

    • Fredmund Malik

      Herr Lorenz, Sie haben Recht, ich könnte mir manches leichter machen, wenn ich auf Markteinschätzungen gar nicht einginge. Warum tue ich das dennoch? Dafür gibt es mehrere Gründe. In Stichworten: Der Umschwung zur Deflation (in CNBC in der Mehrheit nicht vorkommend), auf die nur wenige vorbereitet sind. Die m. E. irreführende Mainstream-Ökonomie, das bessere Verstehen dessen, was vor sich geht und die geeigneten Tools für das Meistern der Risiken.

      Als Zeitmarke habe ich im Blog und in meinen monatlichen Management Letters 2015/16 für den Tiefpunkt der Krise angegeben – also ziemlich konkret.

      Bisher stimmt das Pattern recht genau mit demjenigen aller grossen Finanzkrisen überein: 1. Kollaps. 2. Erholung mit überbordendem Optimismus. 3. Dann scheinbar überraschend der zweite, weit stärkere Kollaps. Die einzelnen Phasen dauern jetzt länger als z.B. in den 1920/30er Jahren, weil eine weit grössere Umschichtung im Gange ist als damals.
      In den Erholungsphasen können bisherige Profis viel Geld machen, das Publikum aber kaum. Noch viel mehr Geld können Profis in den Abwärtsphasen machen. Die Masse wird dann aber viel verlieren, und die Mehrheit wahrscheinlich alles.

      Auch das Dollar-Pattern stimmt. Der Dollar steht heute höher als im März 2008, wo er seinen bisherigen Tiefstpunkt hatte Der Trend stimmt also, aber die Volatilität ist weit grösser als viele bisher erlebt haben.
      Klarerweise kann ich mich irren und dann wird es von einigen Seiten viel Kritik und Schadenfreude geben. Dennoch wird die Mehrheit der Leser besser gestellt sein. Sie werden dann zwar keine kurzfristigen Gewinne gemacht haben, aber sie haben die Substanz erhalten. Wenn es dann anhaltend aufwärts geht, spielen entgangene Gewinne fürdie meisten kaum eine entscheidende Rolle. Kommt es hingegen, wie ich meine, dann ist erhaltene Substanz das Beste.

      • Peter Lorenz

        Vielen Dank das Sie sich Zeit nehmen und auf mein Kommentar eingehen! Ich bin als ehem. Wirtschaftsstudent, jetziger Aktien- und Devisenhändler einer Bank sowie als 27-jähriger Privatanleger weiterhin gespannt wie es weiter geht und welches Szenario am Ende eintreffen wird. Mein Geld wandert (man höre und staune) keinesfalls in Aktien. Ich bin 100% Cash und habe das nicht vor zu ändern. Allerdings hätte ich schon vor in Immobilien zu investieren, was nach Ihrem Deflations-Szenarion natürlich auch keine all zu gute Entscheidung wäre.

        Mich würde noch Ihre Meinung zu folgenden Themen interessieren:
        – Banken gehören stärker reguliert (inkl. Einschränung der Prop-Trading Tätigkeit, etc.)? Das führt zu einer stabileren realwirtschaftlichen Entwicklung? Ja/Nein?
        – Einführung einer Finanztransaktionssteuer (welche ja anscheinend tatsächlich auf EU-Ebene bereits ab 2012/13 kommen wird) ist sinnvoll?? Diese würde mir by the way vermutlich den Job kosten.

        Beste Grüße

        Peter Lorenz

        • Fredmund Malik

          Für Immobilien (ausser man hat Eigenbedarf) ist es m. E. noch viel zu früh. Kein Wunder, dass Sie als Fachmann richtig positioniert sind. Da haben wir dieselbe Linie.

          Meine eigenen Erfahrungen stammen aus mehr als 40 Jahren. Mein erstes Aktiengeschäft habe ich mit 23 gemacht. Es brachte in kurzer Zeit 160% Gewinn – das Glück des Ahnungslosen. Seither bin ich so gut wie täglich an den Futuresmärkten – nur mit eigenem Geld. In dieser langen Zeit hat sich ein bisschen Erfahrung angesammelt, und daher konnte ich relativ früh erkennen, ab wann und wo das Finanzsystem anfing aus dem Ruder zu laufen.

          Zu Ihrer Frage
          a) Regulierung ja, aber auf eine kluge Weise, die aus der Kybernetik, also der eigentlichen Regulierungswissenschaft kommen muss. Ökonomie allein genügt dafür nicht.
          Zu Frage b) Halte ich nicht für sinnvoll.

  2. Alexander Bachmann

    Sehr geehrter Herr Malik,

    bald stoßen die USA an ihre Schuldenobergrenze aber diesmal sieht es nicht so aus als könnte sie noch weiter angehoben werden da sich die Republikaner derzeit komplett quer legen. Die USA haben dann eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
    1. Sie verhängen einen kompletten Ausgabestopp.
    2. Sie besorgen sich das Geld auf einem anderen Weg.

    Da der Ausgabestopp für mich kaum durchsetzbar zu sein scheint, bliebe nur noch Variante 2: durch Verkauf von Immmobilien, Gold oder anderem, Geld in die Kassen zu spülen. Auf einer Nachrichtenseite bin ich über folgenden Kommentar gestoßen:

    „Die Fed darf aber auf Grund internationaler Verträge zwischen Notenbanken, die spekulative Schwankungen beim Goldpreis eindämmen sollen, beschränkte Mengen ver- bzw. zukaufen. Obama bleibt damit nichts anderes über als Gold auf den offenen Markt zu werfen und damit halbwegs Geld durch die Aktion hereingespielt werde kann, muss die Menge so groß sein, dass zwangläufig die Goldblase platzen wird.“

    Wie Sie bereits geschrieben haben kommt die Deflation von Schulden die man durch massiven Verkauf zu tilgen versucht. Und sie kommt schnell und unerwartet.

    Mich würde interessieren wie Sie die Schuldenobergrenze und den Stopp des Ankaufs von Staatsanleihen durch die FED als mögliche Deflationsauslöser beurteilen. In den Mainstream-Medien wird dieses Thema ja nur am Rande angeschnitten wenn auch Pimco’s Abstoß von Staatsanleihen ein wenig Aufmerksamkeit generiert hat.

    Viele Grüße,
    Alexander Bachmann

    • Fredmund Malik

      Die USA sind als Folge ihrer jahrzehntelangen Misswirtschaft in einer fast aussichtslosen Lage und müssen, wie immer man es dreht, deflationär wirkende Massnahmen ergreifen. Viele andere Staaten sind aber in einer ähnlichen Situation.

  3. M. Stepanik

    Sehr geehrter Herr Prof.Malik,

    die furchtbaren Ereignisse in Japan sind noch im Gange, die Auswirkungen können sicher noch nicht abgesehen werden. Trotzdem würde Ihre Meinung dazu und über die möglichen Auswirkungen interessieren. Können solche Katastrophen die grundlegenden Entwicklungen beeinflussen, ändern sich aus Ihrer Sicht die Entwicklungsoptionen für Wirtschaft, Aktienmärkte & Wechselkurse.

    Mit freundlichen Grüßen

    M.Stepanik

    PS: Kompliment zu Ihrem neuen Buch. Einen Schritt zurückzutreten und die großen Zusammenhänge in Ruhe zu betrachten ist heute nicht mehr modern aber notwendiger denn je.

    • Fredmund Malik

      Danke für Ihre Meinung zu meinem Strategie-Buch, die mich sehr freut.
      Ereignisse wie in Japan können die Entwicklung beschleunigen und auch auslösen, aber kaum verursachen. Die Voraussetzungen für eine deflationäre Depression haben sich bereits seit zwei Jahrzehnten aufgebaut.

  4. Markus Wiener

    Frage, passend zur Überschrift: Ist Ernst Strasser noch im Aufsichtsrat?

    Eine Stellungsnahme Ihrerseits wär wünschenswert, handelt es sich dabei ja nicht nur um den letzten „Korruptionslapsus“ als EU Parlamentsmitglied sondern ein jahrelanges System.

    Lese gerne Ihre Lektüren, aber zwischen Wasser und Wein ist dann doch ein Unterschied.

    • Fredmund Malik

      Ich habe keine Ahnung, in welchen Aufsichtsräten Herr Strasser ist, denn ich habe keinerlei Kontakte zu ihm. Daher kann ich keine Stellungnahme geben, ausser dass Korruption jede Gesellschaft unterminiert.

      • Matthias Schabl

        Lt. SPÖ Homepage ist Ernst Grasser im Aufsichtsrat des Malik Managment Zentrums St. Gallen
        (Quelle: http://www.spoe.at/bilder/d270/strasser.pdf). Stimmt das?

        • Fredmund Malik

          Besten Dank für den Hinweis. Ich leite das an unsere Wiener Kollegen weiter. Diese Falschbehauptung geistert seit Monaten durch die Medien und trotz mehrfacher Gegendarstellungen scheint es Leute zu geben, die am Weiterverbreiten von Lügen interessiert sind. Strasser war niemals in irgendeinem unserer Gremien.

  5. Martin Bodmer

    Wird es nun spannend, da die „Zinswende“ eingeleitet ist und das Inflations-Szenario definitiv die Frontseiten erobert?
    Andererseits scheint auch die Umschuldung Griechenlands wieder salonfähig zu werden, was wohl einiges in Bewegung setzen würde.
    Zwischen den Zeilen finden sich immer wieder Anhaltspunkte für die scharf gestellte Zeitbombe.

    • Fredmund Malik

      Es wird massenpsychologisch sehr spannend, und ökonomisch ein Desaster. solange man mit den veralteten Mitteln arbeitet. Da sind immer mehr Zeitbomben scharf gestellt.

  6. Ralph Keller

    Grüezi Herr Prof. Malik

    Die EZB will mit der heute angekündigten Zinserhöhung der Teuerung entgegentreten.
    Welche Auswirkungen hat der heutige Zins-Entscheid auf Ihr Deflationsszenario?

    Freundliche Grüsse
    Ralph Keller

    • Fredmund Malik

      Die Deflation kommt deswegen umso sicherer und schärfer, denn hier werden veraltete Massnahmen auf das falsch definierte Problem angewandt. Die Zinsen bringen die notleidenden Länder um. Die Gläubiger müssen ihre Forderungen an Portugal abschreiben. Die Sparprogramme zwingen die Wirtschaft in die Knie. Das alles sind deflationäre Folgen.